11.07.2012
Die Karl H. Ditze Stiftung verleiht fünf Preise an den talentierten Ingenieurnachwuchs der TUHH und zeichnet zudem als studentisches Projekt die "e-gnition Hamburg"-AG aus
Ob Dissertation, Master, Bachelor oder Diplom, die Hamburger Karl H. Ditze Stiftung verleiht heute zum 13. Mal den Karl H. Ditze Preis an der TUHH für besondere Leistungen in den Ingenieurwissenschaften. Die Auszeichnungen werden im Rahmen einer Feierstunde um 18 Uhr im Ditze-Hörsaal vom Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Heinz-Günther Vogel, überreicht. Prof. Dr. Dr. h.c. Garabed Antranikian, Präsident der Technischen Universität Hamburg, wird die Preisträger sowie Gäste aus Wissenschaft und Wirtschaft begrüßen.
Ausgezeichnet werden die Dissertation von Dr.-Ing. Christian Steidl mit 2000 Euro, die Master-Arbeit von David Antonio Arriola Gutierrez ebenso wie die Diplomarbeit von Nora Haase mit jeweils 1500 Euro sowie die Bachelor-Arbeiten von Johannes Kreuzer und Caroline Teuscher mit je 1000 Euro. Alle Arbeiten sind mit Bestnoten bewertet worden
Der traditionelle Preis für ein „innovatives studentisches Projekt“ in Höhe von 3000 Euro geht in diesem Jahr an das TUHH-Team der "e-gnition Hamburg" AG.
Die Preisträger: Dr.-Ing. Michael Steidl
Titel der Dissertation: Zustandsmonitoring und Regelung schlanker Kontinua
Christian Steidl beschäftigt sich in seiner Promotionsarbeit mit langen und auf Schwingungen äußerst anfällig reagierenden Systemen wie Brücken oder kilometerlange Tiefbohrsträngen.
Als Anwendungsbeispiel dient dem Preisträger das Modell eines mehrere Kilometer langen Bohrstrangs mit Bohrkopf. Das Phänomen ist bekannte: Wird der Strang über lange Zeit konstant gedreht, haftet der Antrieb am Bohrkopf. Irgendwann kommt es zu einem schnellen Losbrechen des Bohrkopfes, der überdreht und schließlich erneut haften bleibt. Der Zyklus beginnt von vorn. "Solche Schwingungen sind für den Bohrprozess sehr hinderlich, da sie das Bohren verlangsamen und im schlimmsten Fall zum Abreißen des Bohrstrangs führen können, was mit enormen Kosten verbunden ist. Durch die aktive Regelung des Bohrstrang-Antriebs ist nunmehr möglich, die Schwingungen, deren Ursache mehrere Kilometer von Antrieb entfernt liegt, zu unterdrücken", so Steidl. der in Stuttgart Technische Kybernetik studierte und am TU-Institut für Mechanik und Meerestechnik seine Dissertation verfasste. Derzeit arbeitet Steidl als Ingenieur für Forschung und Vorentwicklung bei Hasse & Wrede in Berlin. Interesse an seiner Dissertation zeigt bereits die einschlägige Industrie.
Preisträger: David Antonio Arriola Gutierrez
Titel der Masterarbeit: Analysis of the Dynamic Behavior of Fail-Safe Actuators in High-Lift Systems
Die Masterarbeit des TUHH-Studenten David Antonio Arriola Gutierrez gehört zu den besten des Jahrgangs im Bereich der Flugzeug-Systemtechnik. Gutierrez ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Flugzeug-Systemtechnik an der TUHH.
Moderne Transportflugzeuge verfügen an den Flügelvorder- und hinterkanten über Hochauftriebssysteme mit verstellbaren Klappensegmenten, um bei niedrigen Geschwindigkeiten während des Starts und der Landung den Auftriebsbeiwert zu erhöhen. Die Klappensegmente werden in der Regel jeweils von zwei Aktuatoren geführt und bewegt. Ein Aktuator ist eine Art Motor, der einen Mechanismus oder ein System steuert. Als sicherheitskritisches System muss das Antriebssystem der Landeklappen gegen mögliche auftretende Fehler abgesichert sein. Theoretisch ist dem Preisträger dies in seiner Masterarbeit gelungen. Rückblickend auf sein Studium sagt Gutierrez: "Die TU bietet mit interessanten und zukunftsorientierten Themen viele Möglichkeiten, sich als Ingenieur zu entwickeln. Gern möchte ich am Institut für Flugzeug-Systemtechnik promovieren."
Preisträger: Nora Haase
Titel: Charakterisierung von Mikrowellen-Nahfeldsensoren für biomedizinische Anwendungen
Die Weiterentwicklung eines Sensors zur Untersuchung von biologischen Zellen ist das zentrale Thema der Diplomarbeit von Nora Haase. Mit dem Sensor, einem so genannten Nahfeldmikroskop, lassen sich Zellen charakterisieren, ohne sie zu verletzten. Nora Haase: "Die Untersuchungsmethode hat den Vorteil, dass die Zellen in ihrer natürlichen Umgebung untersucht werden können, ohne dass der Einsatz chemischer Marker notwendig ist." Auch wurden mit dem Sensor Unterschiede zwischen lebenden und toten Zellen gemessen, was ein Hinweis darauf ist, dass verschiedene Zelltypen – beispielsweise gesunde und kranke Zellen – mit dem Sensor unterschieden werden können. Diese Art Sensor ist eine gute Ergänzung zu herkömmlichen Diagnosemethoden. TU-Professor An-Ping Zheng, Leiter des TU-Instituts für Bioprozess- und Biosystemtechnik, kommentiert die Arbeit: "Die Möglichkeit, das Zellinnere mittels Mikrowellen und Millimeterwellen aufzulösen, eröffnet Wege für eine vollkommenen neue, nicht invasive Zell-Diagnostik."
Preisträger: Johannes Kreuzer
Titel: Erstellung eines Modells des Herzkreislaufsystems
Jedes Jahr erleiden in Deutschland viele Menschen einen Herz- und Kreislaufstillstand. Wird dieser nicht sofort behandelt, führt dies unweigerlich zum Tod des Patienten. Daher gibt es eine Vielzahl von Methoden mit der ein Laie oder professioneller Rettungshelfer dem Patienten helfen kann. Neben der Gabe von Medikamenten werden vor allem technische Hilfsmittel wie Beatmungsgeräte, Defibrillatoren und Geräte zur automatischen Herzdruckmassage eingesetzt.
Für die Verbesserung der Reanimationsmaßnahmen ist es notwendig, verschiedene Methoden zu untersuchen und weiterzuentwickeln. Das dafür gängige Verfahren sind Tierversuche, die sowohl ethisch bedenklich, als auch mit einem hohen logistischen und finanziellen Aufwand verbunden sind. Deswegen behandelt die Bachelor-Arbeit von Johannes Kreuzer die Erstellung eines Modells des menschlichen Oberkörpers, um teure und aufwendige (Tier-)Versuchsreihen zu ersetzen oder verringern zu können.
Zur Simulation der Herz-Lungen-Wiederbelebung wurden Atemwege und Lunge, das Herzkreislaufsystem aus Arterien und Venen sowie der Brustkorb als mathematisches Modell abgebildet. Am Simulationsmodell des Oberkörpers wurden eine Herzdruckmassage und Beatmung durchgeführt. Die Gültigkeit des Computermodells wurde mit Daten aus tatsächlichen Tierversuchen überprüft. "Das Resultat der Arbeit ist ein Modell, mit dem die Luftdrücke in der Lunge unter Reanimationsbedingungen erfolgreich simuliert werden können", sagt Kreuzer, dessen Arbeit im Rahmen des dualen Studiums im Mechatronik Programm an der TUHH und bei der Firma Weinmann Geräte für Medizin GmbH+ Co. KG entstanden ist.
Preisträger: Caroline Teuscher
Titel: Technische Untersuchung des Seeunfalls von MS Heraklion unter besonderer Berücksichtigung des dynamischen Verhaltens im Seegang
Trotz der hohen Sicherheitsanforderungen, die an Seeschiffe gestellt werden, kommt es immer wieder zu Schiffsunglücken. Die Gründe hierfür sind unterschiedlichster Natur, wobei in vielen Fällen menschliches Versagen die Ursache ist. Durch den Einsatz numerischer Methoden können heutzutage Schiffsunfälle simuliert werden, um so den genauen Unfallhergang zu rekonstruieren. Das Fährschiff Heraklion war wegen schweren Wetters und ungenügend gesicherter Ladung im Dezember 1966 auf der Fahrt von Kreta nach Piräus gekentert. 241 Personen verloren bei dem Unglück ihr Leben. Die Schiffsunfalluntersuchung ergab, dass bedingt durch den unerwartet starken Seegang und ungünstigen Kurs das Schiff starke Rollbewegungen ausführte. In der Folge kippten mehrere LKW um und führten zu einem krängenden Moment in Richtung Steuerbord. Als ein unkontrolliert rutschender, schwerer Kühlwagens das Tor des vorderen Fahrzeugdecks zerstörte, kam es zum Wassereinbruch. Die von der Preisträgerin durchgeführte Simulation offenbart: Solange nur das vordere Fahrzeugdeck geflutet wird, kentert das Schiff nicht. Es verbleibt auch nach Wassereinbruch in einer stabilen Schwimmlage bei sehr großer Krängung.
Selbst wenn die Aufbauten bei starkem Seegang und erheblicher Schräglage eintauchen, tragen sie doch zum Auftrieb des Schiffes bei. Da aber die Aufbauten nicht wasserdicht sind und damit auf Dauer ein Wassereinbruch nicht auszuschließen ist, würde gemäß der Simulation das Schiff im Seegang in jedem Fall untergehen. Es ist davon auszugehen, dass tatsächlich zumindest soviel Wasser in die Aufbauten eingedrungen ist, dass dies entscheidend zum Untergang des Schiffes beigetragen hat. Ziel der Untersuchung war es, den Unfallhergang mit Hilfe numerischer Methoden zu rekonstruieren und die erhaltenen Ergebnisse mit bestehenden Gutachten zu vergleichen.
Caroline Teuscher über sich selbst; "Von Kindesbeinen an bin ich von Schiffen fasziniert, weshalb ich nach dem Abitur beschloss meine süddeutsche Heimat zu verlassen, um in Hamburg Schiffbau zu studieren. Zurzeit arbeite ich neben meinem Master-Studium „Schiffbau und Meerestechnik“ als Werkstudent bei Blohm & Voss Shipyards im Bereich Yachtentwurf. Dort habe ich die Möglichkeit einen guten Einblick in das Arbeitsleben auf einer Werft zu bekommen."
Preisträger: TUHH-Team der "e-gnition Hamburg" AG
Seit vielen Jahren stellt ein Fromula Student Team einen essentiellen Bestandteil der meisten großen Universitäten dar. Die Formula Student Germany (FSG) ist ein internationaler Konstruktionswettbewerb für Studenten, der jährlich unter der Schirmherrschaft des VDI Verein Deutscher Ingenieure e. V. ausgerichtet wird. Inhalt des Wettbewerbs ist es, in Teamarbeit einen einsitzigen Formelrennwagen zu konstruieren und zu fertigen, um damit gegen Teams aus der ganzen Welt anzutreten. Allerdings gewinnt bei der Formula Student nicht das schnellste Auto, sondern das Team mit dem besten Gesamtpaket aus Konstruktion und Rennperformance, Finanzplanung und Verkaufsargumenten.
Die Studenten des TUHH-Teams haben bereits viele starke Partner gewonnen und zahlreiche Kontakte zu großen Firmen und Studenten anderer Universität aufgebaut. Universitätsintern trägt "e-gnition Hamburg" zur interdisziplinären Kommunikation bei. So sind die Zusammenarbeit mit TU-Instituten und der AG sehr umfangreich. Zudem trägt "e-gnition Hamburg" zu einer verbesserten Studienqualität und Ausbildung der Studenten bei. Die AG besteht aus 45 Mitgliedern, die schon während des Studiums konkrete wirtschaftliche Abläufe und Arbeitsweisen kennenlernen. "Das Projekt ist eine Investition in die Zukunft und bietet viele Chancen für unserer Universität", so Prof. Dr.-Ing. Klaus Emmelmann in seiner Laudatio.
Der Stifter und die Stiftung
"Die Fürsorge für andere und die Förderung des Gemeinwohls“
Karl H. Ditze (1906 - 1993) war persönlich haftender Gesellschafter der Hamburger rotring-Werke Riepe KG. Im Alter von 73 Jahren hat der erfolgreiche Hamburger Kaufmann und Mäzen sein Gesamtvermögen in die Karl H. Ditze Stiftung eingebracht als Krönung seines Lebenswerkes. Als weitsichtiger Unternehmer mit internationalen Geschäftsbeziehungen erkannte er die Bedeutung der Förderung begabter junger Studierender, anwendungsbezogener Wissenschaften und des Gemeinwohls.
Die Karl H. Ditze Stiftung fördert verlässlich vier Hamburger Hochschulen, darunter die TUHH, und engagiert sich für gemeinnützige und soziale Projekte. An der TUHH werden aus Mitteln der Ditze Stiftung Auslandsstipendien, Integrationsmaßnahmen für ausländischer Studierende, die Ausstattung mit Lehr- und Lernmaterial, Veranstaltungen zur Sicherung des Ingenieurnachwuchses und studentische Projekte unterstützt. Jährlich wird der mit insgesamt 10.000 Euro dotierte Karl H. Ditze Preis der TUHH vergeben.
TUHH - Public Relations Office
Martina Brinkmann
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