28.03.2011
Von der Außenhaut für Flugzeuge über Brennstoffzellen im Flieger bis zum akustischen Komfort in der Kabine: Die Forschung auf dem Gebiet der Luftfahrt-Systemtechnik hat an der TUHH einen hohen Stellenwert. Mehr als ein Viertel der etwa 100 Wissenschaftler forschen direkt und indirekt auf diesem für die Hansestadt Hamburg wirtschaftlich wichtigen Zweig. Ausgestattet mit dem entsprechenden Know-how verlassen jedes Jahr junge Ingenieurinnen und Ingenieure die TUHH zum Beispiel Ben Holert.
Flugzeuge sind Ben Holerts Welt – von der kleinsten Schraube bis zum großen Ganzen. Der 42-Jährige Alumnus der TUHH und passionierte Flieger arbeitet als Teamleiter im Bereich Hydraulik und Technologie bei der Lufthansa Technik AG. „Ich bin ein Flugplatzkind“, sagt Ben Holert. „Als ich sieben Jahre alt war, habe ich angefangen, fast jedes Wochenende auf dem Flugplatz zu verbringen und mit 13 Jahren, selber zu fliegen. Eine gewisse Verbindung zum Thema Flugzeug besteht also“, sagt er lächelnd und spielt damit auf seine heutige Tätigkeit als Leiter eines 13-köpfigen Teams im Bereich Hydraulik und Technologie bei der Lufthansa Technik AG (LHT) an. Für ein Studium an der TUHH entscheidet sich der gebürtige Hamburger nach zwei Jahren als Fallschirmjäger bei der Bundeswehr wegen ihres Standorts in seiner geliebten Heimatstadt. „Viele meiner Fliegerkameraden haben damals angefangen, Luft- und Raumfahrttechnik zu studieren. Mir haben sie aber in der Mehrheit davon abgeraten, weil der Zweig so stark von der Konjunktur bestimmt sei. Für die deutsche Luftfahrtindustrie waren die achtziger Jahre ziemlich schwierig“, sagt Holert.
Er fängt darum zunächst an, an der TUHH Werkstoff- und Fertigungstechnik zu studieren – ohne große Begeisterung. 1994 nutzt er darum die Gelegenheit, sich direkt nach der Gründung durch Professor Udo Carl im Studiengang Flugzeug-Systemtechnik einzuschreiben. „Das war damals ein absolutes Unikum“, sagt Holert. „Und es war etwas, das mich interessierte. Eine gute Wahl: Die Mischung aus Maschinenbau und Elektrotechnik im Hauptstudium, Systemtechnik am komplexen Beispiel des Flugzeugs, erschloss sich mir schon damals als sehr sinnvoll.“ Entsprechend gefragt ist Holert als Absolvent nach seinem Studium.
Er kann sich zwischen vier Arbeitsverträgen entscheiden, wählt aber die fünfte Möglichkeit: Professor Carl fragt ihn, ob er nicht Lust hat, zu bleiben. Er hat und entscheidet sich für eine Promotion an der TUHH. Siebeneinhalb Jahre ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter und beschäftigt sich in dieser Zeit wesentlich mit Entwicklungsprojekten unter anderem für Airbus und Liebherr, die er parallel zur Promotion betreut. Dass er anschließend bei Lufthansa Technik landen würde, hätte er damals nicht gedacht. „Mein Promotionsthema hat nichts mit der Arbeit zu tun, die ich jetzt mache“, sagt Holert und ergänzt humorvoll: „Dass ich Technologie bedienen kann, ist eigentlich ein Abfallprodukt meiner Forschung.“ Der Übergang von der Universität in die Berufswelt war für ihn nicht immer einfach.
Als der verheiratete Vater zweier Töchter im Mai 2006 bei der Lufthansa anfängt, musste er sich mit seinem Aufgabenbereich erst einmal anfreunden. „Frisch von der Uni möchte man mit einem Profil wie dem meinem nicht nur Technologie instand halten, sondern neue Produkte zum Anfassen auf den Markt bringen“, sagt Holert. Heute macht genau die Kombination aus Instandhaltung und Entwicklung, aus Technik und Logistik, den Reiz seiner Arbeit aus und ist gleichzeitig die größte Herausforderung für ihn. „Die Industrie, wie Airbus oder Lufthansa beispielsweise, braucht Dienstleister, Generalisten, zum Beispiel im Bereich der Produktionsoptimierung, der Fertigungstechnik oder der Logistik,“ sagt er über die beruflichen Anforderungen. Wie hilfreich ist ihm im Berufsleben sein Studium an der TUHH gewesen: „Die Grundlagen, die ich dort erworben habe, sind eine sichere Basis, die sich sehr bewährt.“
Mit seinem Team entwickelt Holert Produktionstechnologien, die für den Instandhaltungsbetrieb nötig sind: Werkzeuge und Vorrichtungen, aber auch Prüf- und Analyseverfahren, Testkonsolen und Prüfstände einschließlich der notwendigen luftfahrtrechtlichen Nachweisführung. Im Bereich der Komponentenwartung ist Lufthansa Technik weltweit führend. In Hamburg werden mehrere 10.000 verschiedenartige Geräte gefertigt, die in über 2000 Flugzeugen auf der ganzen Welt fliegen und von der LHT instand gehalten werden. Die Dienstleistungen werden dabei für die gesamte gängige Flugzeugflotte, alle Boeing- und Airbus-Flugzeuge und alle Bombardier-Flugzeuge angeboten, insgesamt über 600 Kunden – ein Geschäft, das einer detaillierten Planung und ausgefeilter Logistik bedarf. Hinzu kommen in der Luftfahrttechnik komplizierte Nachweisverfahren und Dokumentationen für jede einzelne Komponente.
Wenn ein Teil im Flugzeug ausgetauscht wird, muss seine Geschichte immer nachvollziehbar bleiben: Wie viele Flugstunden hat es hinter sich, wer hat alles daran gearbeitet? „Nach einem Zwischenfall mit einem Flugzeug wird, wenn nötig, bis zur letzten Schraube nach der Ursache geforscht“, sagt Holert. „Unser hoher Anspruch an Zuverlässigkeit und Sicherheit bringt eine große Verantwortung mit sich.“ Während seiner Arbeit bekommen er und sein Team die Flugzeuge selbst gar nicht zu sehen, sondern lediglich die Fluggeräte, die in lauter bunten Kisten aus der ganzen Welt zu ihnen kommen. Das große Ganze bekommt Holert dafür in seiner Freizeit als Pilot einer einmotorigen Robin Regent auf dem Flugplatz „Hungriger Wolf“ in Itzehoe zu sehen. Und die hält er natürlich selbst instand.
Text: Caroline Dahns
TUHH - Public Relations Office
Jutta Katharina Werner
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