26.01.2006
Mit dem mit insgesamt 10 000 Euro dotierten Preis der Karl H. Ditze- Stiftung werden heute Abend an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) erfolgreiche Nachwuchskräfte für herausragende wissenschaftliche Leistungen sowie beispielgebendes Engagement geehrt: Valerij Beller und Daniel Köpke erhalten für ihre Diplomarbeiten jeweils 1500 Euro und Dr. Heinke Stöfen sowie Dr. Ralf Siebert jeweils 2000 Euro für ihre Dissertationen. Mit weiteren 3000 Euro wird die Brauerei- AG als "innovatives studentisches Projekt mit Vorzeigecharakter" ausgezeichnet. Die Preise werden im Rahmen einer Feierstunde vom Vorsitzenden der Stiftung,
Heinz Günther Vogel, sowie dem Präsidenten der TUHH, Prof. Dr.-Ing. habil. Edwin Kreuzer, verliehen.
Die Laudationes halten die TUHH- Professoren Friedrich Mayer-Lindenberg, Georg Fieg, Wilfried Schneider, Jörg Müller und Rudolf Eggers.
Im Anschluss an die Preisverleihung lädt die Brauerei-AG zu "Campusperle" und "Campus-Bierbrot"ein.
Die Preisträger
Valerij Beller hat in seiner Diplomarbeit ("Floating- Point Koprozessor für die CPU-II") im Dekanat für Elektrotechnik/Informatik eine neue Hardware entwickelt. Hintergrund: In der Rechnerarithmetik entstehen selbst bei elementaren Rechenvorgängen wie dem Addieren und Subtrahieren Fehler. Dadurch verlieren manche grundlegenden arithmetischen Gesetze ihre Gültigkeit. Um diese folgenschweren Fehler zu vermeiden, die in der Praxis zum Beispiel bei der Berechnung der Tragfähigkeit eines Bauwerkes zu Schäden und Mehrkosten führen können, werden heute noch aufwändige Software-Verfahren benutzt, die wiederum große Rechnerkapazitäten erfordern. Valerij Beller hatte die Idee, diese Verfahren effizient in der Hardware umzusetzen. Valerij Beller (Jahrgang 1973) hat in seiner Heimat Kasachstan Abitur gemacht und an der TUHH Elektrotechnik/Informatik studiert. Er arbeitet heute als Systemingenieur in einem mittelständischen Betrieb für Telekommunikation im baden-württembergischen Friedrichshafen.
Daniel Köpke hat in seiner Diplomarbeit ("Dynamische Modellierung und Simulation komplexer Strukturen der Batch-Rektifikation") im Dekanat Verfahrens- und Chemietechnik ein Rechenmodell als Basis für die Simulation von dynamischen Destillationsvorgängen entwickelt. Hintergrund: Ein Destillationsvorgang, besonders der so genannte Anfahrvorgang, kann sehr lange dauern. Dieser Prozess kann durch eine Vielzahl von Versuchen verkürzt werden. Weitaus mehr Zeit und Geld kann jedoch durch die Simulation dieses Vorgangs am Rechner gespart werden. Köpke entwickelte ein leistungsfähiges Simulationsmodell für Anwendungen in der chemischen und Kosmetik-Industrie. Dadurch entfallen aufwändige und zeitintensive Experimente für die Optimierung des Destillationsvorgangs.
Der gebürtige Potsdamer Daniel Köpke (Jahrgang 1978) hat an der TUHH Verfahrenstechnik studiert und forscht inzwischen am Institut für Thermische Verfahrenstechnik in der Arbeitsgruppe Wärme- und Stofftransport an der Entwicklung eines kohlenstoffdioxidfreien Steinkohle-Kraftwerkes in einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Projekt.
Dr. Heinke Stöfen hat in ihrer Dissertation ("Entwicklung eines Verfahrens für Sickerwasser-Prognosen im Sinne der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung") im Dekanat Bauwesen ein Verfahren zur einfacheren Handhabung der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung entwickelt. Hintergrund: In Anbetracht riesiger Abfallmengen - 250 000 altlastenverdächtige Flächen und jährlich 260 Millionen Tonnen Massenabfälle (Bodenaushub, Bauschutt, Stahlwerkschlacken, Müllverbrennungsaschen, Hafenschlick) - kann die Verwaltung die gesetzlichen Regelungen mit den vorhandenen Verfahren nicht umsetzen. Teils weil die Verfahren zu komplex und mit hohem Zeitaufwand verbunden sind, teils weil sie zu ungenau und deshalb nicht für justiziable Bewertungen geeignet sind. Heinke Stöfen hat ein Verfahren entwickelt, das es ermöglicht, die gesetzlich vorgeschriebene Bewertung tatsächlich zu realisieren. Ihre Dissertation wird deshalb auch als ein Beitrag zum Grundwasserschutz gesehen. Die gebürtige Hamburgerin (Jahrgang 1975) hat an der TUHH Bauingenieurwesen und Umweltschutztechnik studiert und forscht derzeit am Institut für Wasserressourcen und Wasserversorgung zum Thema "Stofftransport in der ungesättigten Bodenzone."
Dr. Ralf Siebert hat in seiner Dissertation ("Integriert-optische Evaneszentfeld-Lichtwellenleiter für die Gasanalyse im mittleren Infrarotbereich") im Dekanat Elektrotechnik/Informatik ein optisches Messverfahren zur Erkennung umweltschädlicher Gase (Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Stickoxide) entwickelt. Hintergrund: Zunehmende Umweltschutzauflagen erfordern verfeinerte und nicht zuletzt mobil einsetzbare Messtechniken. Siebert ist es gelungen, einen Sensor zur Messung von Gasen auf einer nur ein Quadratzentimeter großen Silizium-Fläche unterzubringen. Sein Sensor kann einzelne Gase aufgrund ihrer charakteristischen Profile in Gemischen identifizieren. Genutzt wird die Wechselwirkung der Infrarot-Lichtwellenleiter aus Silizium mit dem zu messenden Gasgemisch. Das Gerät ist nicht größer als eine Streichholzschachtel und deutlich preisgünstiger gegenüber herkömmlichen Messverfahren. Das größte Anwendungspotenzial liegt in der Industrie- und Umweltmesstechnik. Ralf Siebert (Jahrgang 1966) aus Hamburg studierte Elektrotechnik an der TUHH und arbeitet heute bei der Firma Infineon Technologies SC300 GmbH & Co. OHG in Dresden.
Die Brauerei-AG
Bierbrauen ist angewandte Ingenieurskunst: Seit 2003 produzieren 17 Studierende mehrere Fässer "Campusperle" pro Jahr. Die Idee entstand auf einer Studenten-Ausfahrt. Nach ersten kleinen Brauversuchen mit einem Würstchenkocher und Flaschenlagerung, entwarfen die Studierenden der Verfahrenstechnik ihre eigene Brauanlage, die mittlerweile Anschauungsobjekt in Lehrveranstaltungen im Studiengang Verfahrenstechnik ist und mit der heute 50 bis 100 Liter Gerstensaft pro Monat hergestellt werden. Die Brauerei- AG ist inzwischen bundesweit in den Medien als einzigartige studentische Initiative vorgestellt worden. Die Freude in der Gemeinschaft mit anderen Kommilitonen etwas Praktisches, das theoretische Studium der Ingenieurwissenschaften Ergänzendes zu machen, bereichert nicht zuletzt das Leben in und außerhalb des Campus’: Das untergärige Bier wird auf TUHH- Veranstaltungen ausgeschenkt, und seit diesem Jahr backt sogar ein Hamburger Bäcker aus dem Treber, der als Abfallprodukt beim Bierbrauen anfällt, das Campusperle-Bierbrot. Die nächsten Ziele der angehenden Ingenieure sind die Konstruktion eines optimierten Heizsystems mit besseren Wärmeübertragungs-Eigenschaften sowie die Optimierung des Läutervorganges, die Verfeinerung und Weiterentwicklung der Rezeptur und das Züchten eigener Hefekulturen. Das Bierbrauen ist durch das Engagement der Studierenden inzwischen Bestandteil der Lehre: Erste Studien über die Filtration des Bieres sind in Arbeit und der verfahrenstechnische Vorgang des Bierbrauens Teil einer Vorlesung für Erstsemester.
Der Stifter und die Stiftung:
"Die Fürsorge für andere und die Förderung des Gemeinwohls"
Karl H. Ditze (1906 - 1993) war persönlich haftender Gesellschafter der Hamburger Rotring-Werke Riepe KG. Im Alter von 73 Jahren stiftete der Hamburger Kaufmann und Mäzen sein Gesamtvermögen in die nach ihm benannte Karl H. Ditze Stiftung. Als weitsichtiger Unternehmer mit internationalen Geschäftsbeziehungen hatte er die Bedeutung der Förderung begabter Studierender erkannt. Zugleich wusste der Kaufmann um den hohen Stellenwert anwendungsorientierter Forschung, und er sah es ebenfalls als seine Pflicht an, sich für das Gemeinwohl einzusetzen.
Die Karl H. Ditze Stiftung fördert außer der TUHH drei weitere Hamburger Hochschulen und engagiert sich in sozialen Projekten der Hansestadt Hamburg. An der TUHH werden aus Mitteln der Ditze-Stiftung u.a. Auslandsstipendien, Integrationsmaßnahmen für ausländische Studierende, Lehr- und Lernmaterial, Schulprojekte, studentische Vorhaben und der Karl H. Ditze- Preis finanziert.
TUHH - Public Relations Office
Jutta Katharina Werner
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