Wenn bei 1000°C aus Wärme Strom wird

Thermophotovoltaik: Forschende entwickeln neuen widerstandsfähigen Emitter auf Iridium-Basis

11.09.2023

Elektronenmikroskopische Querschnittsaufnahme des Emitters mit Iridium- und Hafniumoxidschichten (l.) und ein selektiver Emitter bei einer hohen Einsatztemperatur von 1000 °C in einer in-situ Röntgenheizkammer.
Elektronenmikroskopische Querschnittsaufnahme des Emitters mit Iridium- und Hafniumoxidschichten (l.) und ein selektiver Emitter bei einer hohen Einsatztemperatur von 1000 °C in einer in-situ Röntgenheizkammer.

Gemeinsam mit der Technischen Universität Hamburg und der Universität Aalborg haben Forschende des Helmholtz-Zentrums Hereon einen neuen selektiven Emitter auf Iridium-Basis für die Thermophotovoltaik entwickelt. Iridium wurde damit erstmals als Material für einen Emitter verwendet und zeigte in den Versuchen eine besondere Ausdauer bei hohen Temperaturen um 1000°C. Ihre Studienergebnisse veröffentlichte jüngst die Fachzeitschrift Advanced Materials. Sie eröffnen neue Perspektiven, um aus Wärme Strom zu produzieren.

Die Umwandlung von Wärmestrahlung in Strom ist das Prinzip der Thermophotovoltaik. Um die Wärme in Form von Strahlungsenergie effizient nutzbar zu machen, sind sogenannte selektive Emitter vorteilhaft. Sie sitzen zwischen der Wärmequelle und der Photovoltaikzelle und geben nur einen bestimmten Teil der Strahlung ab, während sie den anderen unterdrücken. Die Herausforderung dabei: Die Umwandlung von Wärme in Strom findet bei hohen Temperaturen um die 1000°C statt – Der Emitter muss diesen Temperaturen also standhalten können, ohne die Genauigkeit seiner Selektivität zu verlieren. In Kooperation mit der Technischen Universität Hamburg (TUHH) und der Universität Aalborg ist es Forschenden des Helmholtz-Zentrums Hereon nun gelungen, einen neuen Emitter auf Basis des widerstandsfähigen Metalls Iridium herzustellen, der diesen Bedingungen standhält, ohne seine Wirksamkeit zu verlieren.

Das linke Bild zeigt eine elektronenmikroskopische Querschnittsaufnahme des Emitters mit Iridium- und Hafniumoxidschichten. Das rechte Bild zeigt den selektiven Emitter bei einer hohen Einsatztemperatur von 1000 °C in einer in-situ Röntgenheizkammer.

„Mit Iridium gehen wir beide Aspekte gleichzeitig an: die Selektivität und die Temperaturstabilität", sagt Alexander Petrov, der sich an der TUHH mit optischen Eigenschaften von Materialien beschäftigt. „Selektive Emitter auf Iridium-Basis sind sehr gut in der Lage, unerwünschte Strahlung zu unterdrücken und reagieren nicht mit Sauerstoff. Iridium ist ein Edelmetall wie Gold, aber geeignet für Hochtemperaturanwendungen.“

„Indem wir die nachteiligen Auswirkungen der Oxidation vermeiden, haben wir das Potenzial für effizientere und nachhaltigere Systeme erschlossen.“ berichtet Gnanavel Vaidhyanathan Krishnamurthy, Erstautor der Studie und Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum Hereon. "Diese Innovation öffnet die Türen zu neuen Möglichkeiten bei der Abwärmerückgewinnung, der solarthermischen Stromerzeugung und darüber hinaus."

Die Rolle des Emitters

In der Thermophotovoltaik wie auch in der Photovoltaik wird Strahlungsenergie von einer photovoltaischen Zelle in Strom umgewandelt. Allerdings stammt bei der Thermophotovoltaik die Strahlungsenergie nicht notwendigerweise von der Sonne, sondern von einer Wärmequelle, wie sie zum Beispiel in der Stahlindustrie zum Einsatz kommt. Zwischen Wärmequelle und Solarzelle befindet sich der Emitter. Er besteht aus mehreren sehr dünnen Schichten (Metall und Oxid im Wechsel), die bei hohen Temperaturen unverändert bleiben sollen, um eine Umwandlung von Wärme in Strom zu ermöglichen. Dafür strahlt er idealerweise nur kurzwellige Photonen ab und unterdrückt langwellige – er wirkt also selektiv. Dies ist wichtig, da die photovoltaische Zelle nicht in der Lage ist, die langwellige Strahlung in Strom umzuwandeln. Bei hohen Temperaturen oxidieren aber die meisten Metalle und es kommt zum Versagen der Funktion des Emitters. Wie die Forschenden zeigen konnten, behält der neuentwickelte selektive Emitter aus Iridium und Hafniumoxid seine Funktion vollständig über 100 Stunden bei 1000 °C – das Metall widersteht den anspruchsvollen Herausforderungen ohne Einbußen, wie die Forschenden durch Röntgenuntersuchungen zeigen konnten. Die erfolgreiche Entwicklung selektiver Emitter auf Iridium-Basis ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Weiterentwicklung der Thermophotovoltaik. 

In der Umstellung auf erneuerbare Energien ist die Sicherung einer konstanten Stromversorgung von großer Bedeutung. Die Thermophotovoltaik könnte Strom nicht nur aus industrieller Abwärme erzeugen, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien leisten. Hierbei wird die aus Photovoltaik und Windturbinen natürlicherweise zeitlich schwankend erzeugte Energie in Wärmespeichern zwischengelagert, um diese später -wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht- wieder zu entziehen und mittels Thermophotovoltaik in dann kontinuierlich verfügbare elektrische Energie umzuwandeln und auf diese Weise die Energienetze zu stabilisieren. 

Die Forschungsarbeiten sind Teil des Sonderforschungsbereichs 986 der TUHH und des Helmholtz-Zentrums Hereon, der sich mit maßgeschneiderten multiskaligen Materialsystemen beschäftigt.
 

Kontakte für Presseanfragen an die jeweiligen Einrichtungen:

Martina Grünwald I Helmholtz-Zentrum Hereon I  Kommunikation und Medien  
T: +49 (0)4152 87-1784 I  presse@hereon.dewww.hereon.de

Kaja Weber I TU Hamburg I  Pressereferentin
T: +49 (0)40 42878-3458 I kaja.weber@tuhh.de 

 

 

∗∗∗ ENGLISH ∗∗∗

Together with the Technical University of Hamburg and Aalborg University, researchers from the Helmholtz-Zentrum Hereon have developed a new selective emitter based on iridium for thermophotovoltaics. Iridium was thus used for the first time as a material for an emitter, and in the experiments, it showed thermal endurance at high temperatures around 1000 °C. Their study results were recently published in the journal Advanced Materials and open new perspectives for producing electricity from heat.

The conversion of heat radiation into electricity is the principle of thermophotovoltaics. To make the heat efficiently usable in the form of radiant energy, so-called selective emitters are beneficial. They sit between the heat source and the photovoltaic cell and emit only a certain part of the radiation while suppressing the other. The challenge here is that the conversion of heat into electricity takes place at high temperatures around 1000 °C - the emitter must therefore be able to withstand these temperatures without losing its selectivity. In cooperation with the Technical University of Hamburg (TUHH) and Aalborg University, researchers at the Helmholtz-Zentrum Hereon have now succeeded in producing a new emitter based on the resistant metal iridium that can withstand these conditions without losing its effectiveness.

The image on the left shows a cross-sectional transmission electron microscope image of the emitter with distinct iridium and hafnium oxide layers. The image on the right shows the selective emitter at 1000 °C in an in-situ x-ray diffraction annealing chamber.

"With iridium, we address both aspects at the same time: selectivity and thermal stability," says Alexander Petrov, who works on optical properties of materials at TUHH. "Selective emitters based on iridium are very good at suppressing unwanted radiation and do not react with oxygen. Iridium is a precious metal like gold, but suitable for high-temperature applications."

"By avoiding the adverse effects of oxidation, we have unlocked the potential for more efficient and sustainable systems." reports Gnanavel Vaidhyanathan Krishnamurthy, lead author of the study and a scientist at the Helmholtz-Zentrum Hereon. "This innovation opens the doors to new possibilities in waste heat recovery, solar thermal power generation and beyond."

The emitter's function

In thermophotovoltaics, as in photovoltaics, radiant energy is converted into electricity by a photovoltaic cell. Thermophotovoltaics utilizes heat radiation from a source which can be heated up by the sun or, for example, is part of steel production. The emitter is located between the heat source and the photovoltaic cell. It consists of several very thin metallic and oxidic layers one after other, which should remain unchanged at high temperatures to enable heat to be converted into electricity. For this purpose, it ideally selectively emits only short-wavelength photons and suppresses long-wavelength ones. This is important because the photovoltaic cell is not able to convert the long-wavelength radiation into electricity. At high temperatures, however, most of the metals oxidise and fail to meet the required function. The researchers were able to show that the newly developed selective emitter made of iridium and hafnium oxide retains its function completely over 100 hours at 1000 °C. The metal withstands the demanding challenges without any losses, which were demonstrated using in-situ X-ray diffraction experiments by the researchers. The successful development of selective emitters based on iridium is an important step in the progress of thermophotovoltaics.

In the transition to renewable energy, securing a constant power supply is of great importance. Thermophotovoltaics could not only generate electricity from industrial waste heat, but also make an important contribution to the conversion of the energy supply to renewable energies. Here, the energy generated by photovoltaics and wind turbines, which naturally fluctuates over time, is temporarily stored in heat reservoirs. When the sun is not shining or the wind is not blowing, the stored heat is extracted from the reservoir and converted into electrical energy by means of thermophotovoltaics, which is then continuously available and, in this way, stabilises the energy grids. 

The research work is part of the Collaborative Research Centre SFB 986 of the TUHH and the Helmholtz-Zentrum Hereon, which deals with tailor-made multiscale material systems.

Text: Martina Grünwald/Hereon

Siehe auch: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/adma.202305922


TUHH - Pressestelle

Bildmaterial im Original herunterladen: Elektronenmikroskopische Querschnittsaufnahme des Emitters mit Iridium- und Hafniumoxidschichten (l.) und ein selektiver Emitter bei einer hohen Einsatztemperatur von 1000 °C in einer in-situ Röntgenheizkammer.