20.01.2022
Seit 2010 war Stefan Müller Professor für "Ab-initio statistische Thermodynamik und Molekulardynamik" am Institut für Keramische Hochleistungswerkstoffe. Er starb nach längerer Erkrankung in der Nacht vom 9. auf 10. Januar 2022.
Im Zentrum seiner Arbeiten stand die methodische Weiterentwicklung und vielfältige Anwendung der atomistischen Materialmodellierung. Möglich wurden damit Vorhersagen über makroskopische Eigenschaften von Werkstoffen auf quantenmechanischer Basis. Neben der Anwendung der Dichtefunktionaltheorie arbeitete er vor allem an und mit Methoden der statistischen Physik wie der Clusterentwicklung und Monte-Carlo Simulationen. Besonders hervorzuheben ist hier die Entwicklung des Computerprogramms UNCLE (Universal Cluster Expansion). Damit leistete Stefan Müller sehr grundlegende Arbeiten für Materialdesigns ausgehend von den physikalischen Eigenschaften des Atoms, die ihm weltweite Anerkennung verschafften. Mit seiner Arbeitsgruppe trieb er dabei außer der Entwicklung und Anwendung dieser quantenmechanischen Methoden auch deren Kopplung im Sinne einer Multiskalenmodellierung von der atomaren bis hin zur Makroskala voran. Seine Grundlagenforschung war ein wichtiger Teil des DFG-Sonderforschungsbereichs 986 „Maßgeschneiderte Multiskalige Materialsysteme – M3“ der TU Hamburg.
Der Diplomphysiker promovierte 1996 an der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg bei Prof. Dr. Klaus Heinz mit einer Arbeit zur experimentellen Strukturbestimmung von Metallfilm-Oberflächen mittels Elektronenbeugung. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Universidad Autonoma de Madrid in Spanien und einer Anstellung als wissenschaftlicher Assistent an der FAU ging er 1998 für zwei Jahre an das National Renewable Energy Laboratory in Golden, Colorado. Dort begann er in der Arbeitsgruppe von Prof. Alex Zunger computergestützt, unter Anwendung der Quantenmechanik Materialeigenschaften kristalliner Metalllegierungen parameterfrei vorherzusagen. Nach seiner Rückkehr nach Erlangen wurde Stefan Müller Ende 2002 im Fach Physik mit einer Arbeit über atomare Ordnungsphänomene in Legierungssystemen habilitiert. Für diese Arbeit erhielt er 2003 den Emmy-Noether-Preis der FAU. Einer Gastprofessur an der Universität Wien (2003) sowie der Tätigkeit als Oberassistent am Lehrstuhl für Festkörperphysik der FAU folgte eine Lehrstuhlvertretung am Institut für Theoretische Physik in Erlangen im Juni 2007 bis zum Wechsel an die TU Hamburg im Jahr 2010.
Stefan Müller war ein vielseitig begabter, lebensfroher, weltoffener Mensch, tief verankert im Fränkischen. Er war ein äußerst fürsorglicher Mentor seiner Doktoranden und Postdocs. Als ausgebildeter Tenorsänger bereicherte er manche unserer Institutsveranstaltungen mit Gesangseinlagen und durch seinen Humor. Von seiner schweren Erkrankung vor sechs Jahren hat er sich leider nie erholt.
Die TU Hamburg wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
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Ruediger Bendlin
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