19.08.2021
Warum er Wissenschaftler werden wollte, weiß Johannes Gescher gar nicht mehr so genau. Der Biologe konnte sich jedoch nie etwas anderes vorstellen, als an einer Hochschule zu forschen und zu lehren. Der gebürtige Fuldaer ist neuer Professor an der TU-Hamburg und leitet das Institut für Technische Mikrobiologie. Zuvor war er zehn Jahre am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) tätig. Geschers Forschung beschäftigt sich mit der noch relativ jungen Disziplin der mikrobiellen Bioelektrochemie. Sie erkundet, wie sich Abfallströme von Biomasse veredeln oder Abwasserreinigungen verbessern lassen. Eine entscheidende Rolle dabei spielen Mikroorganismen. Ihre Stoffwechselprozesse bilden den Forschungsmittelpunkt des TU-Wissenschaftlers.
Strom aus Abfallstoffen gewinnen
„Neben uns Menschen, die wir mit der Atmung Sauerstoff zu Wasser reduzieren, um Energie für unseren Stoffwechsel zu erzeugen, gibt es eine große Vielzahl an anaeroben Mikroorganismen, die alternative Energiequellen verwenden“, erklärt der Wissenschaftler. Die Mikroorganismen nutzen Eisenoxide, die sie praktisch einatmen. Sie haben eine Strategie entwickelt, Elektronen mittels ihrer Atmungskette auf die Zelloberfläche und schlussendlich auf Eisen zu übertragen. Diese Erkenntnis zahlt sich für die Forscher aus: Besonders spannend ist, dass Eisen für Forschungszwecke gegen eine Anode als Elektronenakzeptor ausgetauscht werden kann. Dabei übertragen Mikroorganismen die während des Stoffwechsels entstehenden Elektronen auf eine Elektrode und erzeugen so Strom. „Die mikrobielle Bioelektrochemie ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie Wissen aus der Grundlagenforschung zu neuen biotechnologischen Prozessen führen kann“, erklärt Gescher. „So kann beispielsweise Strom aus organischen Stoffen, wie Abwasser oder Abfall gewonnen werden.“ Einige Organismen können auch die Rückreaktion katalysieren und nutzen an Kathoden elektrischen Strom als Energie- und Elektronenquelle. Da diese Organismen zum Teil – ebenso wie Pflanzen – Kohlendioxid (CO2) als Energiequelle benutzen, lässt sich mit ihnen eine nachhaltige Form der Biotechnologie realisieren.
Kooperationen aufbauen
Für seine neue Tätigkeit freut sich Gescher besonders auf die anstehenden Vorlesungen und darauf, neue Laborpraktika für Studierende auszuarbeiten. „Ich möchte in meiner Forschung möglichst interdisziplinär mit verschiedenen anderen Arbeitsgruppen zusammenarbeiten und langfristige Kooperationen mit Unternehmen aufbauen“, sagt der Wissenschaftler. „Als neuer Studiengangsleiter der Bioverfahrenstechnik liegt es mir am Herzen, den Studiengang so zu entwickeln, dass wir zukünftig mehr herausragende Bioingenieur∗innen ausbilden.“
Der Neuhamburger ist verheiratet und hat zwei Töchter. Seine Freizeit nutzt er gerne für sportliche Aktivitäten. Sein liebstes Hobby, Ultraläufe im Gebirge, kann er hier im Norden allerdings nicht ausüben.
Text: Elke Schulze
TUHH - Public Relations Office