Simulation von Rissen im Zahnschmelz: Forscherteam des SFB 986 erhält Poster-Preis

29.10.2014

Blick durchs Elektronenmikroskop: Wie Spaghetti brechen die Nanofasern des Zahnschmelzes.
Blick durchs Elektronenmikroskop: Wie Spaghetti brechen die Nanofasern des Zahnschmelzes. Foto: TUHH

Einem Forscherteam des Sonderforschungsbereichs 986 Maßgeschneiderte Multiskalige Materialsysteme wurde auf der „International Conference on Multiscale Materials Modeling“ in Berkeley, USA, der Preis für das beste Poster verliehen. Professorin Swantje Bargmann, Professor Gerold Schneider, Ezgi Yilmaz von der Technischen Universität Hamburg (TUHH) sowie Professor Norbert Huber, Dr. Ingo Scheider, Dr. Tao Xiao vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht überzeugten mit ihrem Poster über Risse im Zahnschmelz. Mit einer von den Forschern entwickelten Computersimulation kann die Ausbreitung der Risse mathematisch vorhergesagt werden.

Hart, fest und schadenstolerant: Zahnschmelz. Mit seinen erstaunlichen Eigenschaften dient das gerade mal einen Millimeter dicke Material den Wissenschaftlern des SFB 986, die an den Grundlagen für neue Werkstoffe forschen, als Vorbild. Die Natur liefert z. B. mit dem Zahnschmelz ein Vorbild, um völlig neuartige Strukturen für keramische Materialsysteme zu entwerfen und herzustellen. Grund für die erstaunlichen Eigenschaften des Zahnschmelzes ist sein sehr komplexer, hierarchischer Aufbau. Dieser verleiht dem Zahnschmelz seine charakteristischen Fähigkeiten: hart, aber nicht spröde.

Links: Mikrobiegebalken aus Zahnschmelz. Ein Focused-Ion-Beam (FIB) hat umliegendes Material entfernt und so den Balken geschaffen. Er ist etwa 15 Mikrometer lang. Rechts: Das Verhalten eines solchen Balkens haben die Wissenschaftler simuliert.
Links: Mikrobiegebalken aus Zahnschmelz. Ein Focused-Ion-Beam (FIB) hat umliegendes Material entfernt und so den Balken geschaffen. Er ist etwa 15 Mikrometer lang. Rechts: Das Verhalten eines solchen Balkens haben die Wissenschaftler simuliert. Bild: HZG

Um später einmal ähnlich widerstandsfähige Materialien künstlich herstellen zu können, müssen die Forscherinnen und Forscher verstehen und vorhersagen können, wie sich Risse im Zahnschmelz ausbreiten. Hierzu entwickelten sie eine Computersimulation, die zeigt, wie die aus Millionen Nanofasern bestehenden Zahnschmelzprismen brechen. Statt die Eigenschaften jeder einzelnen Nanofaser in ein Computersystem zu übertragen, bedienen sich die Forscherinnen und Forscher einer „Homogenisierung“: Dazu bündeln sie die Eigenschaften der vielen komplex aufgebauten Nanofasern und behandeln sie mathematisch als wären sie eins. So wird ein künstliches homogenes Material geschaffen, das die Eigenschaften des komplexen Ausgangsmaterials widerspiegelt.

Den SFB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist es nun gelungen, eine geeignete Homogenisierung zur Simulation von Zahnschmelz und seiner Schädigung zu finden und einsetzten. Dabei schauten sich die Wissenschaftler nicht nur das Verhalten auf der kleinsten Hierarchieebene an, sondern auch auf der darüber liegenden. Mit Erfolg: Die Ergebnisse der Computersimulation stimmen mit Experimenten an Rinderzähnen überein. Die mineralischen Fasern im Zahnschmelz kann man sich wie Spaghetti vorstellen, die mit einem Protein zusammengeklebt sind. Sind die Spaghetti zu lang, brechen sie beim Verformen durch, sind sie zu kurz, löst sich der Kleber. Auf welche Weise das Material versagt hängt also vom Formfaktor ab: Lange Fasern brechen auseinander, während bei kurzen die Verbindung zwischen den Fasern versagt.

„Wir freuen uns über die Auszeichnung, die die hohe Qualität der Forschungsarbeiten und die erfolgreiche Kooperation zwischen der TU Hamburg und dem Helmholtz-Zentrum Geesthacht bestätigt“, so das Forscherteam.

Quarks & Caspers Beitrag zur Zahnforschung an der TUHH: http://www.tuhh.de/sfb986/projekte/projektbereich-a/a6.html#c49239


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