Mathematik-Klausur im „Terminal Tango“

Raumnot an der TU Hamburg-Harburg macht erfinderisch

29.02.2012

Die ersten Studierenden suchen sich ihre nummerierten Plätze.
Die ersten Studierenden suchen sich ihre nummerierten Plätze.
Foto: D. Hagenguth/TUHH

Zur Mathematik-Prüfung auf den Hamburger Flughafen? Zur Mechanik-Prüfung in die Alsterdorfer Sporthalle? Was ungewöhnlich klingt, stimmt! Die Erstsemester der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) müssen auf immer größere Räume außerhalb des Campus’ ausweichen, weil es auf dem Campus an entsprechend großen Hörsälen fehlt. Aktuell an der Spitze der Liste „ungewöhnliche Prüfungsorte“ steht die ehemalige Abflughalle des Hamburg Airport.

Im „Terminal Tango“, wo rund ums Jahr große festliche Events stattfinden, werden am 1. März TU-Studenten um richtige mathematische Ergebnisse ringen, denn nur diese zählen in diesen Prüfungen. Da auch diese 8000 Quadratmeter große Halle für die Mathematik I- Prüfungen noch zu klein ist, wurde auch das CCH angemietet. „Wir prüfen am 1. März 1450 Studierende. Das ist ein Rekord in der Geschichte der TU Hamburg-Harburg“, sagt Mathematik-Professor Wolfgang Mackens. Zugleich sei dies eine logistische Meisterleistung des TUHH-Prüfungsamtes, namentlich Kerstin Weber und Diana Meißner, sowie von Dr. Peywand Kiani, Dozentin am Institut für Mathematik und Organisatorin der Mathematik-Prüfungen.

Diese Mammut-Aufgabe haben die für das Fach Mechanik zuständigen Professoren Edwin Kreuzer und Norbert Hoffmann bereits hinter sich. Sie schrieben am 14. Februar die Prüfung in Mechanik I in der zu diesem Zweck umfunktionierten Alsterdorfer Sporthalle. Vor der Prüfung verteilten die etwa 20 wissenschaftlichen Mitarbeiter und Tutoren des Instituts für Mechanik und Meerestechnik Karten mit der Nummer des Sitzplatzes und kontrollierten die Studentenausweise, die jeder vorlegen muss. Dann wurden per Mikrofon allgemeine Hinweise zur Prüfung gegeben und jeder Student, der sich zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage fühlte, die Prüfung zu schreiben, hatte die letzte Chance, sich abzumelden. Knapp 1500 Studierende haben in den Prüfungsfächern Mechanik I bis IV, am 13. und 14. Februar in der Sporthalle teilgenommen, deren Arbeiten bis 30. März bewertet werden müssen. Jedes Exemplar dabei mindestens zweifach. Die Mechanik-Prüfungen unter Leitung der Professoren Edwin Kreuzer und Norbert Hoffmann wurden zum wiederholten Mal in der Alsterdorfer Sporthalle geschrieben, da die TUHH-eigenen Kapazitäten nicht mehr ausreichen.

Premiere: Für Marilen Abs, die im ersten Semester Allgemeine Ingenieurwissenschaften studiert, war die Mechanik-Prüfung die erste Klausur in ihrem Ingenieurstudium an der TUHH.
Premiere: Für Marilen Abs, die im ersten Semester Allgemeine Ingenieurwissenschaften studiert, war die Mechanik-Prüfung die erste Klausur in ihrem Ingenieurstudium an der TUHH.
Foto: D. Hagenguth/TUHH

Im Bachelor-Studium an der TUHH werden fast alle Prüfungen in schriftlicher Form abgehalten. Bei mehr als 1000 Studienanfängern pro Jahr sind Prüfungen mit mehreren hundert Teilnehmern daher keine Seltenheit mehr. Zu den größten – von insgesamt 750 jährlichen Prüfungen an der TUHH – zählen traditionell die Klausuren in Mathematik mit aktuell 1450 Prüflingen, in Mechanik I (736) und Mathematik III(670) Prüflingen. Diese vergleichsweise hohen Teilnehmerzahlen setzen sich aus Erstsemestern und Studierenden, die ihre Prüfung wiederholen, zusammen. Nicht allen Ingenieurstudierenden gelingt es, gleich beim ersten Anlauf die Prüfung in Mathematik oder Mechanik zu bestehen.

Rechtzeitig vor den großen Prüfungen hält die TUHH ein Bündel an Hilfeleistungen bereit. Die Studierendenschaft bietet in Selbstorganisation Lernwochenenden und betreutes Lernen an. Erfahrene Studierende höherer Semester und Tutoren unterstützen die Studienanfänger. Außerdem gibt es Seminare zu Lern-- und Organisationstechniken sowie persönliche Beratungsgespräche mit der Studienberatung. Doch kann all dies nicht den persönlichen Einsatz ersetzen.Unsere Anforderungen sind hoch, weil wir unsere Studierenden im Laufe des Studiums auf höchstes ingenieurwissenschaftliches Niveau bringen“, sagt Hochschullehrer Norbert Hoffmann. Es sei ein bisschen wie im Leistungssport: Wer in die Spitzengruppe will, brauche eine professionelle Trainingsumgebung. Diese stelle die TUHH mit ihrer Forschungsorientierung einerseits und andererseits mit moderner Hochschuldidaktik bereit. Hoffmann: „Wer Leistungssportler werden will, muss auch selbst hart trainieren – nichts kann da einen hohen persönlichen Einsatz ersetzen."

Das Anmieten von Hallen und Sälen außerhalb des Campus’ ist nicht nur mit hohen zusätzlichen Kosten verbunden, sondern auch mit einer erhöhten Planungsunsicherheit, was die Terminzusagen betrifft. Zwar sind auch andere Universitäten von den explodierenden Studienanfängerzahlen betroffen, jedoch sind die großen Universitäten in der Lage, die Prüfungen auf mehrere größere Hörsäle zu verteilen und zum Teil auch durch zwei Klausurtermine zu entzerren. Die ursprünglich für nur 2800 Studierende geplante TUHH ist mit ihren heute mehr als 6000 Studenten und nur einem großen Hörsaal vergleichsweise klein und bereits mit Prüfungen von mehr als 200 Teilnehmern auf externe Räumlichkeiten angewiesen.

„Ideal wäre es, wenn wir bereits ein Jahr im Voraus feste Zusagen für große Räume hätten, damit Prüfer und Studierende verlässlich wissen, wann geprüft wird“, sagt Dr. Dietmar Dunst. Der Leiter des Servicebereiches Studium und Lehre begrüßt besonders das Angebot des campusnahen Bürgerzentrums „Feuervogel“, die Sporthalle bereits für das Sommersemester 2012 sowie das Wintersemester 2012/13 frühzeitig für die TUHH zu reservieren und künftig generell über feststehende Termine zu verhandeln. Bei allen anderen Anbietern konkurriert die TUHH weiterhin mit kommerziellen Veranstaltern – Messen, Kongressen, Musik-und Sport-Events – mit der Folge, dass verbindliche Raumzusagen erst spät eintreffen und Prüfungstermine nicht immer frühzeitig bekanntgegeben werden können. Je später die Prüfungstermine bekanntgegeben werden, desto weniger Vorbereitungszeit haben die Studierenden – und die Prüfer – und diese ist gerade bei so entscheidenden und schwierigen Prüfungen wie in Mathematik und in Mechanik wichtig.

Text: Allister Loder

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