26.01.2007
Gestern wurde über zwei interne Verteiler der TUHH eine elektronische Post zum Thema „Wirtschaftsingenieurausbildung“ verbreitet, die wegen der dort anführten Argumente, Wertungen und beigefügten Dokumente viel Polemik enthält und wenig zur sachlichen Diskussion beiträgt. Ich möchte diese E-Mail nicht unkommentiert lassen und Ihnen den Sachverhalt aus meiner Sicht noch einmal darlegen.
Auf Einladung von Wolfgang Beuß, wissenschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion der Hamburger Bürgerschaft, fand am 24. Januar 2007 ein Treffen zum Thema „Reform des Hamburger Wirtschaftsingenieurstudiums“ statt. Teilnehmer waren vonseiten der CDU neben Herrn Beuß auch Frau Koop, stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion, Herr Kleibauer, CDU, Mitglied des Wissenschaftsausschusses und Frau Dr. Hain, wissenschaftspolitische Referentin der CDU-Fraktion sowie Mitglieder der Präsidien der Universität Hamburg und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Der Inhalt dieses Treffens war von Anfang an weniger von dem Bestreben geleitet, in einen offenen Diskurs zu treten, sondern diente vielmehr dazu, bereits bekannte Argumente auszutauschen – zu Lasten der TUHH. Die Tendenz war offenbar vorgegeben, denn am selben Tag berichtete das Hamburger Abendblatt über dieses Treffen vom „HWI-Rettungsgipfel“. Dennoch bin ich der Einladung gefolgt.
In der Ihnen gestern zugegangenen E-Mail wird nun behauptet, dass die aus der HWI-Geschäftsstelle neu übermittelten Zahlen zu einer veränderten Position der Behörde für Wissenschaft und Forschung hinsichtlich der Beibehaltung des alten HWI-Modells geführt hätten. Diese Behauptung ist falsch! Der Senator für Wissenschaft und Forschung hält unverändert das vorliegende Modell für das sinnvollste. Die Umstellung auf das Bachelor-Master-System und damit veränderte Rahmenbedingungen und strategische Weichenstellungen für die Hochschulen erfordern eine Neugestaltung des Wirtschaftsingenieurstudiums. An dieser Position ändern weder die neu erhobenen Zahlen etwas noch das genannte Treffen.
Es wird öffentlich immer wieder behauptet, dass die Behörde für Wissenschaft und Forschung ebenso wie ich für die „Schließung“ des Studiengangs HWI wären. Eine Schließung wurde nie beschlossen. Das Gegenteil ist der Fall. Die TUHH hat sich erst zu dem Zeitpunkt aus dem bisherigen trilateralen Modell des Studiengangs HWI zurückgezogen, nachdem es nicht gelungen war, eine Kompromisslinie zu finden, die die berechtigten Interessen der TUHH berücksichtigte: vor allem eine stärkere Betonung der ingenieurwissenschaftlichen Komponente, fundierte, den Ansprüchen der TUHH als Forschungsuniversität entsprechende Grundlagen. Der HWI muss reformiert werden, dies ist auch den anderen beteiligten Hochschulen klar. Deshalb sind diese Hochschulen jetzt die Ansprechpartner für diejenigen, die den Reformbedarf akzeptieren, aber das Modell des Erhalts des HWI allein durch Universität und Fachhochschule ablehnen.
Es ist verwunderlich, weshalb allein die TUHH im Kreuzfeuer der Kritik steht, während diejenigen, die für den Erhalt der reformbedürftigen Ausbildung plädieren, bislang keine aktuellen Pläne zur Reform unter der Trägerschaft der beiden Hochschulen vorgelegt haben.
Die TUHH selbst hat für ihr Modell einer eigenen Master-Ausbildung deutlich Zuspruch erfahren und fühlt sich auch deshalb bestärkt, ihren Weg fortzusetzen. Die TUHH hat ein tragfähiges Modell für eine eigene Ausbildung entwickelt, dessen Ausgangspunkt eine Betrachtung aller Wirtschaftsingenieur-Ausbildungen in Deutschland war. Als Leitmotive standen Konkurrenzfähigkeit und Attraktivität bei der Entwicklung des neuen Ausbildungsangebotes im Vordergrund.
Die Einführung des Bachelor-Master Systems führt beim Studium des Wirtschaftsingenieurs zu gravierenden Problemen: In den ingenieurwissenschaftlichen Fächern fällt es schon sehr schwer, das sechssemestrige Bachelor-Studium als berufsbefähigend zu gestalten. Für den Wirtschaftsingenieur mit den beiden Standbeinen im ingenieurwissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Bereich gerät diese Aufgabe geradezu zur Quadratur des Kreises. Die TUHH geht deswegen einen gänzlich anderen Weg, der sich an internationale Gepflogenheiten anlehnt: Das Studium des Wirtschaftsingenieurwesens setzt sich zusammen aus einem ingenieurwissenschaftlichen Bachelor-Programm (an der TUHH oder einer anderen Technischen Universität) und dem Master-Programm „Internationales Wirtschaftsingenieurwesen“ der TUHH.
Einem Studenten mit einem Bachelor-Abschluss stehen also alle Möglichkeiten offen, sich in einem ingenieurwissenschaftlichen Fach oder aber dem neu konzipierten Master für „Internationales Wirtschaftsingenieurwesen“ weiter zu vertiefen. Dieses Master-Programm vermittelt betriebswirtschaftliche und Management-Kompetenzen für industrielle Berufsfelder. Es bietet darüber hinaus Vertiefungen in den Bereichen Produktionstechnik, Verfahrenstechnik, Informationstechnik, Baumanagement und Logistik.
Das dritte Semester, das viele Wahlpflichtveranstaltungen enthält, eignet sich gut für ein Auslandssemester. Die TUHH fördert diese Alternative besonders und bietet hierfür spezielle Programme mit ihren Partnerhochschulen an.
Nicht zum ersten Mal hat hiermit die TUHH einen Reformvorschlag eingebracht, der den Studienstandort Hamburg stärken wird. Bereits jetzt gibt es viele Anfragen von Studieninteressierten, die sich nach genau der von uns geplanten Ausbildung erkundigen.
Nicht zum ersten Mal erlebt die TUHH, dass sich ihre später mit Applaus bedachten und bundesweit mit großer Zustimmung versehenen Reformvorhaben zunächst gegen Kritik durchsetzen mussten. Aus der Überzeugung heraus, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wird die Master-Ausbildung „Internationales Wirtschaftsingenieurwesen“ in die Realität umgesetzt.
Prof. Dr.-Ing. Edwin Kreuzer
TUHH - Public Relations Office
Ruediger Bendlin
E-Mail: bendlin@tuhh.de
Phone: +49 40 428 78 3330