17.01.2024
MRT (Magnetresonanztomographie)-Geräte werden in der Medizin zur Untersuchung von Gehirn, Rückenmark oder anderen inneren Organen des Menschen verwendet. An der Technischen Universität Hamburg wird ein solches Gerät nun erstmals in vertikaler Form für die ingenieurwissenschaftliche Forschung genutzt – und soll so helfen, nachhaltigere Prozesse im Chemie- und Bioingenieurwesen zu entwickeln. Wie das genau aussieht, erklärt Prof. Alexander Penn vom verantwortlichen Institut für Prozessbildgebung, der das Gerät heute offiziell einweihen konnte.
Herr Penn, beim Begriff „MRT“ denken die meisten Menschen wohl an Krankenhäuser und Ärzt∗innen in weißen Kitteln – was hat ein MRT an einer technischen Universität zu suchen?
Eine gute Frage! MRTs können nicht nur in menschliche Körper hineinschauen, sondern auch in andere Objekte und Systeme. Und das macht sie für die Ingenieurswissenschaft so spannend.
Wie sieht das genau aus?
Im Chemie- und Bioingenieurwesen werden in Reaktoren bestimmte Stoffe in andere umgewandelt. Diese Reaktoren haben bisher vielfach wie eine Blackbox funktioniert: Da kommen ein paar Dinge hinein – beispielsweise Öl – und am Ende kommt ein Produkt heraus – etwa Benzin oder Plastik. Aber man konnte bisher nicht genau nachvollziehen, wie sich etwa Temperaturen oder Gasblasen im Reaktor verteilen, oder wie die Mischvorgänge im Inneren genau aussehen. Wenn man dort nun mithilfe des MRTs hineinschauen kann, kann man Reaktoren künftig viel besser und effizienter designen.
Welche Vorteile bietet das?
Um nachhaltiger zu leben und Ressourcen zu schonen, müssen wir viele der derzeit verwendeten Prozesse neu denken und entwerfen, weg von der linearen Produktion – Stoff rein, Produkt raus –, hin zu einer Kreislaufwirtschaft, in der Abfälle wieder zu Rohstoffen werden. Um das zu erreichen, reicht es eben nicht mehr zu sagen: Wir haben eine Blackbox, in die wir nicht hineingucken können. Wir brauchen schnell detailliertes Wissen und müssen die bestehenden Reaktortypen und Prozesse optimieren und neue entwerfen. Dort wollen wir mit unserem neuen MRT ansetzen, um Informationen zu liefern und diese Herausforderung bewältigen zu können.
Wie wurde das Gerät gebaut und was ist daran so besonders?
MRT-Geräte im Krankenhaus sind horizontal angelegt, dort liegen die Patient∗innen. Prozesse in Reaktoren im Chemie- und Bioingenieurwesen benötigen die Schwerkraft, entsprechende vertikal stehende MRTs gab es bisher allerdings nicht. Zusammen mit Tesla Engineering Ltd und Philips Healthcare haben wir über drei Jahre hinweg dieses neue Gerät entwickelt und gebaut, das in dieser Form einzigartig ist und jetzt der TU Hamburg für Forschung und Lehre zur Verfügung steht.
Welche Projekte werden an der TU Hamburg damit künftig erforscht?
Wir beteiligen uns beispielsweise am neuen Sonderforschungsbereich 1615 „SMART Reactors“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), in welchem wir die Reaktoren der Zukunft an der TU Hamburg zur Realität werden lassen wollen. In diesem Projekt arbeiten wir mit vielen Partnerinstituten der TU Hamburg und anderer Universitäten zusammen und entwickeln wichtige Messtechnik. In einem anderen von der DFG geförderten Kollaborationsprojekt mit Prof. Stefan Heinrich der TU Hamburg erforschen wir, wie sich mechanische Schwingungen auf das Strömungsverhalten von Wirbelschichtreaktoren auswirken. Und wir planen auch eine Zusammenarbeit mit dem Institut für Systemverfahrenstechnik der TU Hamburg, bei der wir Absorptionsprozesse sichtbar machen wollen. Diese sind sehr energieintensiv und schon kleine Verbesserungen würden dazu beitragen, den Energieverbrauch der Chemieindustrie deutlich zu senken.
Siehe auch: https://www.ipi.tuhh.de/3t-vertical-mri-system/
TUHH - Pressestelle
Kaja Weber
E-Mail: kaja.weber@tuhh.de