09.07.2015
Die Karl H. Ditze-Stiftung verlieh am 8. Juli 2015 Preise an herausragende Nachwuchswissenschaftler der Technischen Universität Hamburg (TUHH). Ausgezeichnet wurden ebenfalls die studentischen Projekte Charity Games und ArtRoom. Die Ditze-Stiftung vergab insgesamt 10.000 Euro. Im Beisein von TUHH-Präsident Garabed Antranikian ehrte der Vorstandsvorsitzende der Karl H. Ditze Stiftung, Rüdiger Schramm, die Preisträger. Mehr als 130 Gäste aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft nahmen an der Veranstaltung im Ditze-Hörsaal an der TUHH teil.
Hervorragende Leistungen
Mit dem Karl H. Ditze-Preis wurden ausgezeichnet
Kerstin Vater zeigte in ihrer Bachelorarbeit „Entwicklung einer adaptiven hp-Fast-Multipole-Boundary-Elemente-Methode“, wie die Schallabstrahlung von Fahrzeugreifen effizient zu berechnen ist. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist der Straßenverkehrslärm, der insbesondere in Ballungsräumen mit hohem Verkehrsaufkommen eine signifikante Beeinträchtigung darstellt. Aus diesem Grund wird im Rahmen nationaler und internationaler Forschungsaktivitäten seit Jahren interdisziplinär und mit Hochdruck an einer nachhaltigen Verminderung des Straßenverkehrslärms gearbeitet. Hierbei spielt die Schallabstrahlung von Fahrzeugreifen eine besondere Rolle. Um diese in einem praxistauglichen Simulationsmodell optimieren zu können, sind besonders leistungsstarke Berechnungsverfahren erforderlich. Vater hat sich in ihrer Bachelorarbeit dieser Herausforderung angenommen und eine neuartige Boundary-Elemente-Formulierung entwickelt, die es erlaubt, die Schallabstrahlung von Fahrzeugreifen - sogar unter Berücksichtigung der Straßenoberfläche - sehr genau und effizient zu berechnen. Das Verfahren beruht auf der Kombination einer Fast-Multipole-Boundary-Elemente-Methode (FMBEM) mit Algorithmen zur adaptiven Netzverfeinerung basierend auf der hp-Methode. Die erweiterte numerische Methode soll im Rahmen von weiteren Kooperationen des Verbunds aus Industrie und Forschung zur Entwicklung neuer Reifen und Fahrbahnoberflächen eingesetzt werden. Zudem ermöglicht sie einen Einblick in die physikalischen Wirkungsmechanismen der Reifen-Rollgeräusche. Eine Veröffentlichung auf Basis der Bachelorarbeit von Vater wurde bei der internationalen Fachzeitschrift „Numerical Methods in Engineering“ eingereicht.
In seiner Bachelorarbeit „Entwicklung einer Simulationsumgebung zur Berechnung von frei definierbaren Trajektorien eines mobilen Roboters auf unbekannten zylindrischen Oberflächen“ beschäftigte sich Felix Jahn mit der Entwicklung einer Simulationsumgebung für die Bewegungsbahnen eines mobilen Roboters. Das Ziel der Arbeit war es, in dieser Simulationsumgebung die Bewegungspfade virtuell zu planen und zeitlich zu optimieren, so dass der Roboter sich unabhängig von der Beschaffenheit der Fläche bewegen kann. Die Aufgabenstellung umfasste dabei sowohl Themen der Robotik, Messtechnik und numerischen Mathematik. Die besondere wissenschaftliche Leistung von Jahn bestand in der Zusammenführung der komplexen Teilaufgaben des Themas zu einer funktionsfähigen Simulationsumgebung. Die Aufgabenstellung der Bachelorarbeit ist im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Entwicklung eines mobilen Roboters für die Flugzeuginspektion – in Zusammenarbeit mit der Lufthansa Technik – entstanden. Die erarbeitete Simulationsumgebung ist nun fester Bestandteil der Robotersteuerung und wurde für praktische Planungen der Roboterbewegung verwendet.
Sven Painer beschäftigt sich in seiner Masterarbeit „Variation Based Dense 3D Reconstruction Using Photometric Invariants from Monocular Mini-Laparoscopic Sequences“ mit der 3D-Modellierung von zirrhotischen Leberoberflächen auf Basis laparoskopischer Videoaufnahmen. Die Rekonstruktion der Leberoberfläche ermöglichte es erstmalig den Grad einer Fibrose nahezu in Echtzeit auf Grundlage visueller Merkmale automatisiert zu beschreiben. Painer hat hierfür ein kausales Verfahren entwickelt, Algorithmen parallelisiert und die hohe Leistungsfähigkeit seiner Implementierung nachgewiesen. Das Resultat seiner Arbeit liefert neue Möglichkeiten, Ärzte unmittelbar während der Aufnahme der laparoskopischen Videos am Patienten zu unterstützen und anhand der dabei gewonnenen Erkenntnisse wiederum die Qualität der Rekonstruktionen zu verbessern. Die Arbeit von Painer wurde in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt.
Rajeev Ranjan hat es sich in seiner Masterarbeit mit dem Titel „An Autonomous Implantable Sensor System for Cancer Treatment“ zur Aufgabe gemacht, ein Konzept für ein möglichst kleines System zu realisieren, das in einen Tumor eingebracht und dort den Innendruck messen kann. Hintergrund der Themenstellung ist die Beobachtung von Prof. Schumacher, Direktor des Institutes für Anatomie II: Experimentelle Morphologie des UKE, dass der Innendruck in bösartigen Geschwulsten in der Regel höher ist als in dem umgebenden Gewebe. Dies erschwert bei einer Chemotherapie deutlich das Einbringen von Medikamenten. Da dieser erhöhte Innendruck nicht konstant ist, sondern mit der Tageszeit schwankt, könnte die Wirksamkeit einer Chemotherapie gesteigert werden, wird sie zeitlich mit dem Minimum des Drucks innerhalb des Tumors abgestimmt. Ranjan hat mit seiner Arbeit die Grundlage für eine medizinische Anwendung erarbeitet, um ein Druckmesssystem mit Hilfe einer Biopsie-Nadel in einen Tumor einzubringen.?Derzeit wird es in einer weiterentwickelten Version für den Einsatz bei Tieren vorbereitet.
Dr.-Ing. Bastian Schmandt stellt in seiner Dissertation „Entwicklung einer standardisierten Methode zur numerischen Bestimmung von Strömungsverlusten unter Einbeziehung des zweiten Hauptsatzes zur Thermodynamik“ sein Verfahren vor, das Strömungsverluste in unterschiedliche Strömungssituationen einheitlich ermitteln kann. Solche Verluste treten beispielsweise bei Luftströmungen um Fahrzeuge oder bei Strömungen von Gasen oder Flüssigkeiten in Rohrleitungssystemen auf. Sie sind prinzipiell unerwünscht, aber bis zu einem gewissen Grade unvermeidbar. Unnötig hohe Verluste bedingen jedoch hohe Antriebsleistungen und damit einen hohen Energieeinsatz. Schmandt hat im Sinne echter Interdisziplinarität die beiden Fächer Thermodynamik und Strömungsmechanik zusammengeführt und ein einheitliches Verfahren entwickelt. Seine Dissertation hat Eingang in die dritte Auflage des Lehrbuches „Strömungsmechanik“ (Springer-Verlag) gefunden, mit dem Untertitel: „Physik – mathematische Modelle – thermodynamische Aspekte“. Teil C dieses Lehrbuches geht unmittelbar auf die Arbeiten von Schmandt zurück. Eine solche Darstellung findet sich in keinem anderen Lehrbuch zur Strömungsmechanik, weder national oder international.
Sohrab Shojaei Khatouni entwickelt mit seiner Hamburger Firma Charity GamesLAB mobile Spiele, der Spielspaß mit dem guten Zweck vereint. Das Konzept hinter den Charity Games ist einfach: Das neu entwickelte Geschicklichkeitsspiel Snook Skyrider wird kostenfrei auf das Handy geladen und schon spendet der Spieler. Einnahmen entstehen durch kurze Werbung in den Spielen. Möchte der Spieler beispielsweise einen besonderen Gegenstand im Spiel erhalten, kann er diesen durch das Anschauen eines 15 sekündigen Werbeclips erhalten. Dadurch wird der Charity Gamer finanziell nicht belastet und generiert trotzdem Spendengelder solange er spielt. Das Spiel steht für Geräte mit einer IOS als auch Android Software kostenlos in allen App-Stores zur Verfügung. Das eingespielte Geld geht an Save the Children, die weltweit größte unabhängige Kinderrechtsorganisation. Sie setzt sich für die Rechte aller Kinder auf Gesundheit und Überleben, Schule und Bildung sowie Schutz vor Gewalt und Ausbeutung ein. Save the Children (gegründet 1919) ist seit mehr als 90 Jahren weltweit aktiv.
Ebenfalls wurde das Malprojekt ArtRoom an der TUHH mit dem Ditze-Preis ausgezeichnet. ArtRoom wurde im Rahmen des Integrationsprogramms des International Office initiiert. Ziel war es, das Miteinander auf dem TUHH-Campus zu fördern und Studierende möglichst vieler Nationalitäten zusammen zu bringen. Das künstlerische Tun sollte dabei zusätzlich einen Ausgleich zum Lernen schaffen. Mittlerweile treffen sich bis zu 30 Studierende aus China, Indien, Skandinavien, Frankreich, Iran und Deutschland in den Räumen in der Harburger Schlossstraße zur kreativen Zusammenarbeit. Die Hamburger Künstlerin Andrea Rausch begleitet das Projekt vom Anfang an. Von Mai bis Juli 2014 wurden die „ArtRoom works“ im Hauptgebäude der TUHH mit 80 Werken ausgestellt.
Karl H. Ditze-Stiftung
Die Karl H. Ditze-Stiftung wurde 1979 mit Sitz in der Freien und Hansestadt Hamburg gegründet zur Förderung der Universität Hamburg (geisteswissenschaftlicher Bereich), der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, der Hochschule für Bildende Künste und der Technischen Universität Hamburg-Harburg sowie zur Unterstützung sozialer Aufgaben. Zweck der Stiftung ist im Hochschulbereich die Begabtenförderung, die Ausstattung mit Lern- und Lehrmaterial und die Unterstützung von Forschungsvorhaben. Im karitativen Bereich werden als mildtätig oder gemeinnützig anerkannte Einrichtungen oder Institutionen sowie Personen in Notfällen gefördert.
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