06.12.2013
Bereits seit dem Kindergarten besucht Isabella Silva die Deutsche Schule Rio de Janeiro, eine Partnerschule der Technischen Universität Hamburg. Deutsche Vorfahren oder Familienangehörige hat sie nicht. "Meine Eltern wollten, dass ich eine weitere Sprache lerne", sagt die 16-jährige Schülerin. "Deshalb haben sie mich auf eine deutsche Schule geschickt." Heute ist Isabella in der zehnten Klasse und steht kurz vor ihrem Abschluss. Gemeinsam mit ihrem Jahrgang aus insgesamt 72 Schülerinnen und Schülern ist sie nach Deutschland für einen Praktikumsaufenthalt gekommen. Vom 25. bis 29. November stand die Praktikumswoche in Hannover und Braunschweig auf dem Plan. Danach machte sich ein Teil der Gruppe auf nach Dresden. Isabella und die restlichen Schüler gingen nach Hamburg. Insgesamt zwei Tage verbrachten sie hier und besuchten unter anderem Airbus und ihre Partneruniversität, die TU Hamburg. Neben einem Rundgang über den Campus, konnten sich die Zehntklässler während ihres etwa dreistündigen Besuches auch im DLR_School_Lab am beliebten Flugsimulator und zwei weiteren Stationen versuchen.
Seit 2010 ist die Schule regelmäßig zu Gast an der Technischen Universität Hamburg, um den Schülern verschiedene Berufs- und Studienmöglichkeiten in Deutschland aufzuzeigen. Auch die Deutsche Schule Mexiko und die Deutsche Schule Athen haben die TUHH in diesem Jahr besucht. Handelte es sich bei der Entstehung der deutschen Auslandsschulen noch um Ausgründungen für Botschafter- oder Fachkräftekinder, sind sie heute vor allem eine gute und beliebte Alternative zu den hiesigen Schulen. "Die Schulen haben ein hervorragendes Bildungsniveau", sagt Nicole Frei, Referentin für Internationales und Ansprechpartnerin für internationale Schulkontakte. Doch nicht alle 1.300 Schülerinnen und Schüler machen nach dem Abschluss der 10. Klasse das deutsche Abitur, welches ihnen ermöglicht ein Studium ohne den Besuch eines Studienkolleges in Deutschland aufzunehmen. Auch Isabella Silva ist eine von ihnen. Sie hat sich für den brasilianischen Abschluss entschieden und möchte hinterher ihren Bachelor in Brasilien machen. "Ich kann mir gut vorstellen nach meinem Bachelorabschluss für den Master nach Deutschland zu kommen", sagt sie. "Aber auch andere Länder kämen für mich in Frage." Sie interessiere sich für Elektrotechnik oder auch für Öl und Gas, "aber diese Richtung ist in Deutschland nicht sehr verbreitet".
Anders sieht es bei ihrem Klassenkameraden Nicholas Helmer aus. Der 15-jährige Schüler beginnt ab Februar 2014 mit dem deutschen Abitur. "Die deutsche Schule besuche ich nicht nur wegen der guten Qualität", sagt er. "Meine Großeltern sind ebenfalls Deutsche, daher haben meine Eltern diese Schule für mich ausgewählt." Bereits vier Mal war er in Deutschland, meistens um seine Familie zu besuchen, die in Norddeutschland lebt. "Deshalb kann ich mir gut vorstellen auch in Hamburg zu studieren", sagt Nicholas. Die ingenieurwissenschaftliche Richtung wolle er einschlagen. Deshalb käme ein Studium an der TUHH für ihn in Frage. Für einen speziellen Studiengang habe er sich noch nicht entscheiden können.
"Mit dem deutschen Abitur gelten die Schülerinnen und Schüler von deutschen Auslandsschulen als Bildungsinländer", erklärt Nicole Frei. "Das macht den entscheidenden Unterschied aus. Sie haben die gleichen Aufnahmechancen wie jeder andere Studieninteressierte, der in Deutschland sein Abitur gemacht hat." Und genau hier möchte die Technische Universität Hamburg im Rahmen ihres Internationalisierungsprozesses anknüpfen. Neben verschiedenen Alumni Chapter in Kopenhagen, Mexiko und in Rio de Janeiro, die auch für Studieninteressierte als erste Anlaufstellen dienen sollen, arbeitet die TUHH bereits seit 2008 mit ausgewählten deutschen Auslandsschulen zusammen und wirbt dort um die besten Absolventinnen und Absolventen. Zwar findet sich in den Masterprogrammen der TU Hamburg bereits ein hoher Anteil an internationalen Studierenden, doch auch in den deutschsprachigen Bachelorangeboten möchte die TUHH in Zukunft qualifizierte internationale Studierende gewinnen, um die akademische Internationalisierung voranzubringen und gleichzeitig dem drohenden Nachwuchsmangel in den Ingenieurwissenschaften in Deutschland zu begegnen. "Absolventen deutscher Auslandsschulen sind für uns deshalb besonders interessant, weil sie auf der einen Seite keine Sprachprobleme und ein hohes Leistungsniveau mitbringen. Aufgrund ihres kulturellen Hintergrundes können sie einen integrativen Beitrag zum Zusammenleben auf dem Campus leisten", erklärt Nicole Frei. Auf der anderen Seite könne somit auch die Steigerung der Internationalität in den TUHH-Masterprogrammen langfristig vorangetrieben werden.
Auch Eghor Rodrigues fängt im Februar mit seinem deutschen Abitur an der Escola Alema Corcovado, der Deutschen Schule Rio de Janeiro an. Seine Praktikumswoche absolvierte er zwar in einer Kanzlei, aber mindestens genauso interessant sei für ihn ein wirtschaftsorientierter oder ingenieurwissenschaftlicher Studiengang, sagt der 16-Jährige. "Vielleicht auch einfach Wirtschaftsingenieurwesen." Die deutsche Schule besuche er insbesondere aufgrund der internationalen Ausrichtung und der Sprache, sagt Eghor.
Bereits heute lässt sich ein deutlicher Trend durch die Kooperationsarbeit abzeichnen. "Wir hoffen, dass der Zuwachs an Studierenden aus dieser Gruppe sich innerhalb der nächsten Jahre kontinuierlich steigert", sagt Nicole Frei.
TUHH - Pressestelle
Sarah El Jobeili
E-Mail: pressestelle@tuhh.de