Daten bündeln und erhalten

Was Corona-Fallzahlen über vulnerable Gruppen verraten

15.03.2021

Masterstudent Semir Cömertpay der TU Hamburg analysiert mit Hilfe der Information-Bottleneck-Methode die Rohdaten des RKI auf die Frage hin, ob ein Mensch in Folge einer Corona-Infektion stirbt oder nicht.
Masterstudent Semir Cömertpay der TU Hamburg analysiert mit Hilfe der Information-Bottleneck-Methode die Rohdaten des RKI auf die Frage hin, ob ein Mensch in Folge einer Corona-Infektion stirbt oder nicht. Foto: privat.

Maximilian Stark ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am TU-Institut für Nachrichtentechnik und forscht dort an den Kommunikationssystemen der Zukunft. Dafür nutzt der TU-Wissenschaftler Methoden des maschinellen Lernens, zum Beispiel die sogenannte Information-Bottleneck-Methode. Mit ihr lassen sich Daten nach bestimmten Kriterien bündeln. Im Rahmen einer Studienarbeit wollte Stark nun gemeinsam mit dem Masterstudenten Semir Cömertpay herausfinden, ob diese Methode auch auf die deutschlandweiten COVID-19-Fallzahlen des Robert Koch Instituts angewendet werden kann. Ein besonderer Fokus lag hierbei auf der Identifikation von besonders gefährdeten, vulnerablen Bevölkerungsgruppen.

Sterberisiko nach Alter und Geschlecht

In der Berichterstattung heißt es häufig, dass ältere Menschen ein höheres Risiko haben, an einer Corona-Infektion zu sterben als jüngere. „Eine bipolare Unterteilung nur in Jung und Alt wird unserer Gesellschaft allerdings nicht ganz gerecht und genau hier setzt unsere Forschung an“, erklärt Stark. Mit Hilfe der Information-Bottleneck-Methode analysierte der TU-Student die Rohdaten des RKI auf die Frage hin, ob ein Mensch in Folge einer Corona-Infektion stirbt oder nicht. Dabei ermittelte er eine neuartige Unterteilung der Gesellschaft in Risikogruppen anhand des Altersprofils und des Geschlechts. Vorerkrankungen oder auch berufliche Tätigkeiten blieben aufgrund der vorhandenen Daten des RKI vorerst unberücksichtigt.

TU-Wissenschaftler untersuchen, was Corona-Fallzahlen über vulnerable Gruppen verraten.
TU-Wissenschaftler untersuchen, was Corona-Fallzahlen über vulnerable Gruppen verraten. Foto: privat.

Männer gefährdeter als Frauen

Die Ergebnisse zeigen, dass bei einer Unterteilung in nur zwei Bevölkerungsgruppen, also in junge und alte Menschen, 20 Prozent der relevanten Informationen verloren gehen. Bei einer Unterteilung in sechs Bevölkerungsgruppen hingegen 99 Prozent der relevanten Informationen erhalten bleiben. „Aus informationstheoretischer Sicht ist diese Gruppierung optimal“, erklärt der Masterstudent. Den Berechnungen der Methode folgend, haben Männer und Frauen von 0 bis 34 Jahren das geringste Risiko eines tödlichen Krankheitsverlaufs in Folge einer Corona-Infektion. Gefolgt von der Bevölkerungsgruppe der 35- bis 60-Jährigen. „Interessanterweise unterscheidet die Methode ab der Altersgruppe 60 bis 80 zwischen dem jeweiligen Geschlecht, wonach Männer gefährdeter sind als Frauen. Diese Unterscheidung findet sich auch bei den über 80-Jährigen. Das ist bisher noch nicht berücksichtig worden“, ergänzt Cömertpay.

Eine Methode, viele Einsatzmöglichkeiten

„Mit unserer Studienarbeit konnten wir beweisen, dass die Information-Bottleneck-Methode Antworten auf viele interdisziplinäre Fragestellungen liefern kann, auch abseits der Nachrichtentechnik“, erklärt Maximilian Stark. Im Fall der RKI-Datensätze könne die Methode Entscheidungsträger dabei unterstützen, Impfstoffe nach Alter priorisiert zu vergeben und damit die Pandemie bekämpfen.

Weitere Informationen unter www.tuhh.de/nt/startseite sowie unter www.tuhh.de/tuhh/forschun … de-in-der-corona-pandemie


TUHH - Pressestelle