TUHH: Neues Konzept für Strukturfarben

17.05.2018

Abbildung: Vergleich der berechneten Reflexionsspektren zweier photonischer Gläser, einmal bestehend aus keramischen Vollkugeln (a) und einmal aus keramischen Hohlkugeln (b). Die Kugeldurchmesser betragen ca. 200 Nanometer und die Schalendicke der Hohlkugeln in (b) ca. 10 Nanometer.Das rechte
Abbildung: Vergleich der berechneten Reflexionsspektren zweier photonischer Gläser, einmal bestehend aus keramischen Vollkugeln (a) und einmal aus keramischen Hohlkugeln (b). Die Kugeldurchmesser betragen ca. 200 Nanometer und die Schalendicke der Hohlkugeln in (b) ca. 10 Nanometer.
Das rechte Bild zeigt ein wesentlich steileres Reflexionsspektrum, das eine bessere Farbsättigung der in diesem Fall blauen Farbe bedingt.
Die beiden Quader zeigen Ausschnitte der mit Kugeln befüllten Volumina, mittels derer die numerischen Simulationen durchgeführt wurden.
(b) Chromatizitätsdiagramm. Die Positionen der beiden Reflexionsspektren in (a) und (b) sind in Relation zum farblosen Weißpunkt eingetragen. Auf dem Umfang des Diagramms sind die reinen Farben gezeigt.
Das aus Hohlkugeln bestehende photonische Glas erzeugt eine Farbe, die im Vergleich zu dem aus Vollkugeln bestehenden photonischen Glas wesentlich näher am Umfang liegt – also viel reiner ist.

Wissenschaftler der Technischen Universität Hamburg (TUHH), der ITMO-Universität in St. Petersburg und des Helmholtz-Zentrums Geesthacht haben ein neuartiges Konzept entwickelt, das Farbstoffe ermöglicht, die auf nicht-giftigen Ausgangsstoffen basieren, die im Sonnenlicht nicht ausbleichen und die auch unter hohen Verarbeitungstemperaturen (z.B. bei der Glasur von Keramiken) ihre Farbwirkung nicht verlieren.

Anders als bei konventionellen Farbpigmenten entsteht die Farbwirkung hier nicht aufgrund der Absorption bestimmter Wellenlängen, die dann im reflektierten Licht fehlen und somit den Farbeindruck hervorrufen. Bei den Strukturfarben entsteht die Farbwirkung ausschließlich durch deren Struktur, die eine Überlagerung und in der Folge eine Auslöschung bestimmter Wellenlängen im reflektierten Licht verursacht. Oft hängt bei solchen Strukturfarben der Farbeindruck von den Beleuchtungs- und Beobachtungsrichtungen ab – der Farbstoff ist „irisierend“. Dies möchte man bei einem guten Farbstoff vermeiden. Um einen „nichtirisierenden“ Farbstoff zu realisieren, benötigt es ein gewisses Maß an Unordnung in der Struktur des Farbstoffs. Diese Unordnung führte aber bisher zu einer schwachen Farbsättigung, die sich in eher verwaschenen Farben ausdrückte.

Den Hamburger Wissenschaftlern ist es nun gelungen, diesen Zielkonflikt zu lösen. Hierzu haben sie ein neuartiges Konzept entwickelt, dessen Erfolg auf der Verbindung eines schwach geordneten Arrangements von Kugeln im Raum –einem sogenannten photonischen Glas- mit der äußerst präzisen Gestaltung der Kugeln selbst basiert. Diese keramischen Hohlkugeln besitzen Durchmesser von ca. 200 Nanometer und tragen Schalen einer Dicke von nur ca. 10 Nanometern. Erst die Kombination der Nahordnung von im Raum dicht gepackten Kugeln mit der Hohlkugel-Struktur der einzelnen Partikel ermöglicht es, ein im Wellenlängenbereich steil verlaufendes Reflexionsspektrum zu erhalten (Abbildung 1b). Am Beispiel einer blauen Farbe wird gezeigt, dass ein derartiges auf Hohlkugeln basierendes photonisches Glas ein solches steiles Reflexionsspektrum besitzt, womit sich eine große Farbsättigung erzielen lässt. Das photonische Glas aus Hohlkugeln erzeugt gegenüber dem aus Vollkugeln eine blaue Farbe, die im Chromatizitätsdiagramm viel näher am Umfang positioniert ist und daher ein viel reineres Blau darstellt (Abbildung 1c). Das Wissenschaftler-Team hat sowohl die theoretischen Grundlagen für die Beschreibung dieser neuartigen Klasse an Farbstoffen entwickelt als auch umfangreiche numerische Simulationen durchgeführt, mit denen die Vorhersagen bestätigt wurden.

Die unter Führung der Hamburger Wissenschaftler gewonnenen neuen Erkenntnisse der Grundlagenforschung sind darüber hinaus von großer Bedeutung für Anwendungen hin zu nichttoxischen Farbstoffen, die auch unter langer Sonneneinstrahlung ihre Farbwirkung behalten und außerdem hohen Prozesstemperaturen jenseits von 1000 °C widerstehen können.

Die Arbeit wurde am 17.05.2018 in Scientific Reports, einer Open-Access-Zeitschrift von Nature, publiziert.

Online: www.nature.com/articles/s41598-018-26119-8

Publikation:
Guoliang Shang, Lukas Maiwald, Hagen Renner, Dirk Jalas, Maksym Dosta, Stefan Heinrich, Alexander Petrov, and Manfred Eich,
Photonic glass for high contrast structural color,
Scientific Reports, 8, 7804 (2018)

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Manfred Eich
Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH), Institut für Optische und Elektronische Materialien, Eißendorfer Straße 38, D-21073 Hamburg
und
Institut für Werkstoffforschung, Helmholtz-Zentrum Geesthacht, Max-Planck-Strasse 1, Geesthacht, D-21502, Germany,
Tel +49 40 42878 3147

E-Mail: m.eich@tuhh.de,
Website: www.tuhh.de/alt/oem/home.html


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Jasmine Ait-Djoudi
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