10.12.2013
Just-in-Time Teaching (JiTT) nennt sich die zentrale Methode, die Prof. Dr.-Ing. Heike Flämig, Professorin im Institut für Verkehrsplanung und Logistik an der Technischen Universität Hamburg, in ihrer Einführungsveranstaltung "Systemtechnische Grundlagen der Logistik" ab dem kommenden Wintersemester einsetzen wird. Bei JiTT erhalten die Studierenden vor Beginn einer Veranstaltung über die Online-Plattform Stud.IP Fragen, die sie an den Stoff der nächsten Präsenzveranstaltung heranführen sollen. "Dabei geht es allerdings nicht um eine Wissensabfrage im klassischen Sinne", erklärt Heike Flämig. Es gehe vielmehr darum, über diese Einstiegsfragen ein Bild vom Wissensstand und von grundlegenden Fehlverständnissen zu bekommen. "Hinterher sichten wir die eingegangenen Lösungen und ich mache diese zum Angelpunkt des eigenen Vortrags", so Flämig. "Die Wissenslücken der Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer können so gezielt geschlossen werden."
Entwickelt wurde das Konzept an amerikanischen Universitäten und ist inzwischen weltweit verbreitet. "Nur deutsche Hochschulen taten sich bisher damit schwer, diese erfolgreiche Methode in Großveranstaltungen zu integrieren", sagt Dr. Peter Salden vom Zentrum für Lehre und Lernen der TUHH, das wichtiger Partner bei der konzeptionellen Entwicklung von JiTTplus war. "Vor dem Hintergrund des Großveranstaltungsformates haben sich bei mir aus didaktischer Sicht drei Fragen ergeben: Wie können Studierende trotz der hohen Teilnehmerzahlen zur aktiven Mitarbeit motiviert und ein kontinuierliches Selbststudium angeregt werden? Außerdem haben wir uns gefragt, wie sich das studentische Selbststudium und die Präsenzphasen so verknüpfen lassen, dass in der Vorlesung optimal auf die Verständnisprobleme der Studierenden eingegangen werden kann", erklärt Heike Flämig. Die Antwort darauf heißt JiTTplus und wurde hierfür nun von der Claussen-Simon-Stiftung mit dem im Frühjahr 2013 gestarteten Förderprogramm "Unseren Hochschulen" mit 70.000 Euro prämiert. "Die klassische JiTT-Variante haben wir um zwei weitere Bausteine ergänzt", erklärt Christian Matt, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut. So wird unter anderem extra für die Vorlesung ein eigener Twitter-Kanal gegründet, durch den die Studierenden innerhalb der Vorlesung anonym über ihr Smartphone oder ihren Laptop plötzlich auftretende Fragen oder Anmerkungen direkt an die Lehrende schicken können - wie z.B., dass das Lehrtempo zu schnell wird. Die Fragen werden von einer Hilfskraft gesichtet, auf Missbrauch geprüft und anschließend an Prof. Flämig weitergeleitet. Zudem werden während der Vorlesung besonders interessante Lösungen aus den JiTT-Aufgaben anonymisiert zur Diskussion gestellt. Mit Hilfe von "Clickern" sollen die Studierenden ihre Meinung über die Richtigkeit der Lösungsvorschlägen abgeben und zur aktiven Mitarbeit animiert werden. Um die diskutierten Problemfelder aus der Vorlesung für alle Kursteilnehmer transparent zu machen, werden noch offene Begriffe und logistische Grundkonzepte zum Ende der Vorlesung einzelnen Studierenden zugeordnet, um diese wissenschaftlich aufzuarbeiten und in einem kurseigenen Wiki-System einzutragen. "Das System bietet mir als Lehrende auch die Möglichkeit zu prüfen, ob die Begriffe des Kurses verstanden wurden oder ob ich diese in der nächsten Veranstaltung erneut aufgreifen soll", sagt Heike Flämig.
Vor der Auszeichnung im Programm "Unseren Hochschulen" stellte sich das Konzept der Meinung von Studierenden, dem Urteil einer Expertenjury und nicht zuletzt einer großen Konkurrenz. In der ersten von drei Programmphasen bekamen Hamburger Studierende die Möglichkeit, ihre Professoren über eine Internetseite zu empfehlen. Mit insgesamt 569 Empfehlungen wurden im April 2013 96 Professorinnen und Professoren staatlicher Hamburger Hochschulen nominiert. "Es ist schön zu sehen, wie mühelos die Hamburger Studenten akademische Lehrer benennen können, die sie auf besondere Weise fordern und fördern", sagt Georg Joachim Claussen, Vorstandsvorsitzender der Claussen-Simon- Stiftung. Die besten zehn Professorinnen und Professoren wurden in der zweiten Programmphase dazu eingeladen, ihren Projektvorschlag zur Entwicklung des Lehrens und Lernens in der eigenen Hochschule einzureichen und in der dritten Programmphase von den Studierenden bewertet. Kriterien für die Förderung im Programm "Unseren Hochschulen" waren neben der Aussagekraft der Empfehlungen auch die Operationalisierbarkeit des Projektvorschlags, die Überzeugungskraft des Vorhabens sowie die Akzeptanz, die der Projektvorschlag bei den Studierenden findet.
Verliehen wurde die Auszeichnung während der Preisverleihung "Ausgezeichnet!" im November von der Claussen-Simon-Stiftung und der Zweiten Bürgermeisterin und Senatorin Dr. Stapelfeldt. Mit ihrem Projekt, das neue Erkenntnisse zur Verbesserung der Lehre durch Integration von internetbasierten Kommunikationstechnologien eröffnen soll, ging Heike Flämig als eine von insgesamt drei Gewinnern hervor. "Diese Auszeichnung drückt Vertrauen durch die Studierenden aus, bedeutet aber auch eine große Herausforderung durch die damit verbundenen Vorschusslorbeeren", so Heike Flämig. "Ich freue mich sehr über diese Fördermittel, mit denen ich nun Neues - hoffentlich Besseres - ausprobieren kann, wovon auch meine Kollegen profitieren können".
TUHH - Pressestelle
Sarah El Jobeili
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