23.10.2013
Alle zwei Jahre zeichnet die Max-Brauer-Stiftung der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) wissenschaftliche Arbeiten zu Fragestellungen des öffentlichen Personennahverkehrs aus. Neben der Begabtenförderung sollen die Hamburger Hochschulen und ihre Studierenden angeregt werden, dem Thema ÖPNV in Hamburg neue Impulse zu verleihen. Ausgezeichnet mit dem ersten und dritten Preis wurden aktuell zwei Abschlussarbeiten von Studierenden des Masterstudiengangs Stadtplanung der HafenCity Universität Hamburg (HCU). Beide Absolventen wurden bei ihren Arbeiten an der TUHH von Prof. Dr.-Ing. Carsten Gertz vom Institut für Verkehrsplanung und Logistik betreut.
Den mit 6000 Euro prämierten ersten Preis erhielt Thiago Guimarães für seine interdisziplinär angelegte Masterarbeit mit dem Titel "Aufbau eines Erreichbarkeitsindikators für die Evaluation von Verkehrsprojekten in Hinblick auf die soziale Exklusion - Fallstudie der U-Bahn-Linie 6 in São Paulo". Der dritte Preis zeichnet die Abschlussarbeit von Christoph Ludwig aus. Seine Masterarbeit zur Vernetzung von unterschiedlichen Mobilitätsdienstleistungen greift ein sehr aktuelles Thema der Fachdiskussion auf. Das Preisgeld beträgt 1000 Euro.
"Seit Jahren besteht eine Kooperation zwischen der TUHH und der HCU. Studierende des HCU-Studiengangs Städtebau-Stadtplanung besuchen nicht nur die TUHH-Lehrveranstaltung zur Verkehrsplanung und Verkehrstechnik, auch werden Abschlussarbeiten bei uns geschrieben und von uns betreut. So bewahren wir den für die Verkehrsplanung wichtigen Bezug zur räumlichen Planung", sagte Prof. Gertz. Bis 2006 war der Studiengang Stadtplanung an der Technischen Universität Hamburg verankert, wurde dann aber der neu gegründeten HafenCity Universität Hamburg zugeschlagen.
In seiner Arbeit über Verkehr und soziale Exklusion stellt Verfasser Thiago Guimarães ungewöhnliche Fragen, wie: "Wer profitiert von Verkehrsinfrastrukturen? Bringt eine neue U-Bahn Vorteile für alle, wie die Politik es oft glauben machen will?" Dazu Prof. Gertz: "Gerechtigkeitsbezogene Fragestellungen sind bislang noch fremd in einem ingenieursorientierten Fach wie der Verkehrsplanung. Aber genau diese Fragen standen im Vordergrund der Abschlussarbeit. Thiago Guimarães stellt ein Werkzeug vor, mit dem Planer strategisch bewerten können, welche sozialen Gruppen von einer Veränderung der Verkehrsinfrastruktur oder der Flächennutzung in Hinblick auf die Erreichbarkeit von wichtigen Zielen wie Arbeitsplätzen profitieren können."
Durch die Verbindung von Konzepten und Methoden der Verkehrsplanung und der Sozialwissenschaften zeigt die Studie, dass nicht jedes Vorhaben - wie die geplante 16 Kilometer lange U-Bahn-Strecke, die Armutsviertel erschließen soll - Vorteile für benachteiligte Gruppen erzeugt. Ein Kapitel der Arbeit widmet sich der Frage der Übertragbarkeit dieses Ansatzes in Deutschland, wo sich der Ausbau des Verkehrsnetzes häufig an Problemstadtteilen ausrichtet, ohne dass im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder eben Brasilien über das Thema "soziale Exklusion" diskutiert wird. "Die Integration solcher Perspektiven in konkrete Planungsverfahren wäre eine Herausforderung einer möglichen Dissertation über dieses Thema", sagte Preisträger Guimarães, der mittlerweile als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Verkehrsplanung und Logistik arbeitet.
Auch der dritte Platz des diesjährigen Wettbewerbs zeichnet eine von Prof. Gertz betreute Abschlussarbeit aus. Christoph Ludwig hat mit seiner Masterarbeit zur Vernetzung von unterschiedlichen Mobilitätsdienstleistungen ein sehr aktuelles Thema der Fachdiskussion aufgegriffen. Durch die Verknüpfung des öffentlichen Verkehrs mit Car Sharing und Radleihsystemen soll Kunden ein übergreifendes umweltorientiertes Angebot aus einer Hand geboten werden, das dazu beitragen kann, die Autoorientierung zu reduzieren. In einigen Pilotprojekten werden derzeit Mobilitätskarten angeboten, die den Nutzern Zugang zu unterschiedlichen Mobilitätsoptionen bieten. Es stellt sich jedoch noch die Frage, was genau die tatsächlichen Kundenbedürfnisse sind. Die Masterarbeit von Herrn Ludwig überprüft daher die Nutzungsanforderungen und ergänzt die Perspektive der Verkehrswissenschaft mit den Methoden der Marktforschung. Da es hier um die Beurteilung einer neuen Dienstleistung geht, die zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht zur Verfügung stand, wurde die Methode der Conjoint Analyse gewählt. Dabei wurde festgestellt, dass insbesondere den Wahlmöglichkeiten bei der Zusammenstellung der Mobilitätspakete eine große Bedeutung zukommt. Christoph Ludwig arbeitet inzwischen in einem Hamburger Ingenieurbüro für Verkehrsplanung.
Die Max-Brauer-Stiftung für Begabtenförderung - eine Stiftung der HOCHBAHN - vergibt die Förderpreise für Studien- oder Examensarbeiten zum Themenkomplex öffentlicher Personennahverkehr alle zwei Jahre. Der Wettbewerb ist auf keine Fachrichtung beschränkt. Die eingereichten Arbeiten sollen Fragestellungen des öffentlichen Personennahverkehrs aufgreifen, die den ÖPNV und seine Unternehmen in der Region Hamburg direkt betreffen oder auf sie übertragbar sind. Die 1961 gegründete Stiftung ist nach dem ehemaligen Ersten Bürgermeister in Hamburg und Aufsichtsratsvorsitzenden der Hochbahn Max Brauer (1887-1973) benannt. Für Max Brauer, selbst Autodidakt, hatten die Begabtenförderung und die Herstellung von Chancengleichheit einen hohen Stellenwert. Sein Ziel war es, die bessere Nutzung von Begabungen zum Wohl der Allgemeinheit zu ermöglichen.
Kontakt Stiftung Dr. h.c. Max Brauer:
Dipl.-Volkswirt Michael Eggerstedt
Telefon: 040 / 3288-2602
E-Mail: Michael.Eggerstedt@hochbahn.de
Kontakt Institut für Verkehrsplanung und Logistik der TUHH:
Prof.-Dr.-Ing Carsten Gertz
Telefon: 040 / 42878-3518
E-mail: gertz@tuhh.de
TUHH - Pressestelle
Martina Brinkmann
E-Mail: pressestelle@tuhh.de