09.04.2013
Die Technische Universität Hamburg verleiht die Würde eines "Doktor der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Ehren halber (Dr.rer.pol. h.c.)" an Professor Eric von Hippel, PhD, Massachusetts Institute of Technology/MIT, Boston, USA.
Die Ehrendoktorwürde wird von Hippel von der TUHH verliehen "für seine bahnbrechenden Beiträge im Bereich der Forschung zur User Innovation und für seine unermüdlichen Bemühungen, Nachwuchswissenschaftler auf Ihrem akademischen Karriereweg zu unterstützen", wie es im Text der Urkunde heißt.
Prof. Hippel (geb. 1941) gehört zu den weltweit renommiertesten Wissenschaftlern in den Bereichen der Management- und Innovationsforschung. Er erhielt seine Ausbildung an der Harvard University, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an der Carnegie-Mellon-University. 1966 erwarb er den Master of Science am Massachusetts Institut of Technologie im Fach der Elektrowissenschaften. Nach der erfolgreichen Gründung eines Technologieunternehmens entschied er sich für akademische Laufbahn und wurde Professor of Management am MIT, wo er seit 1973 unterrichtet und forscht. Dort konzentrierte sich von Hippel auf das Gebiet der sogenannten "User Innovation". Mittels empirischer Forschung entdeckte er, dass Neuerungen ihren Ursprung häufig nicht in Herstellerunternehmen haben, sondern außerhalb der Unternehmen von Kunden oder Zulieferern entwickelt werden. Schließlich übernehmen Produzenten die Neuerungen, verbessern und produzieren sie in Serie. Ein bekanntes Beispiel für Innovationen durch Konsumenten ist "TipEx", das Ende der 50er Jahre von einer Sekretärin erfunden wurde.
Ein besonderes Augenmerk in seiner Forschung legte der Ökonom auf die Grundsätze und Erfolgswirkungen sogenannter "User-Innovationen", also neuer Produkte, Prozesse und Dienstleistungen, die von Nutzern initiiert, entwickelt und umgesetzt werden. Die Erkenntnis, dass in zahlreichen Industrien die User einen erheblichen Teil der Wertschöpfung durch Innovationen leisten, war in den 1970er und 80er Jahre für die Innovations- und Marketingforschung vollkommen neu.
Von Hippel hat 1986 dazu ein theoretisches Modell entwickelt, die "Lead User Methode". Dabei beteiligen Unternehmen ihre Kunden an der Weiterentwicklung und Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen. In jüngeren Zeit legte der Ökonom einen besonderen Fokus auf die Themen "Open Source Software" und "Open Source Innovation".
Mit seinen Forschungsbeiträgen hat der Ökonom das Verständnis von Innovationsprozessen grundlegend beeinflusst. Zusammenfassend lässt sich sagen: Eric von Hippel hat mit seinen Arbeiten ein eigenes Teilgebiet der Innovationsforschung initiiert und über drei Jahrzehnte geprägt. Er ist ein internationaler Multiplikator und sehr eng mit der US-amerikanischen Industrie wie auch mit großen europäischen Konzernen vernetzt. Er pflegt Verbindungen zu europäischen Top-Universitäten, kommt regelmäßig nach Europa und ist in europäische Forschungsprogramme aktiv integriert. So hat er auch die TUHH in der Vergangenheit mehrfach besucht und im 2010 wurde gemeinsam mit ihm auf dem Campus der TUHH die "Open and User Innovation Conference" durchgeführt.
Besonders hervorzuheben ist sein Einsatz für den akademischen Nachwuchs. Er betreute zahlreiche Naturwissenschaftler als Doktorvater - darunter fünf Doktoranden der TUHH in den vergangenen fünf Jahren. Junge Forscher haben als Visiting Scholars einige Zeit am MIT verbracht um gemeinsam mit von Hippel zu forschen; viele von ihnen sind inzwischen Professoren. Darunter die TUHH-Professoren Cornelius Herstatt und Christian Lüthje. Sie arbeiten eng mit Eric von Hippel zusammen, was sich auch in einer Reihe hochrangiger Publikationen niederschlägt.
Ebenfalls als Scholars bei Hippel tätig waren die TUHH Wissenschaftler: Prof. Dr. Christopher Lettl (heute WU-Wien, vormals Doktorand am TU-Institut für Technologie- und Innovationsmanagement), Dr.rer.pol. habil. Christina Raasch (Inst. für Techn.- und Innovationsmanagement) und Dr.rer.pol. Viktor Braun (Inst. für Techn.- und Innovationsmanagement).
Der Begrüßung durch den Präsidenten der TUHH, Professor Garabed Antranikian folgt die Laudatio von Dietmar Harhoff, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Daran schließt sich die feierliche Verleihung der Würde des Ehrendoktors an Erich von Hippel. Daran anschließend hält Prof. von Hippel einen Vortrag mit dem Thema "Framing a new user innovation paradigm". Die Schlussworte übernehmen Prof. Dr. Cornelius Herstatt und Prof. Dr. Christian Lüthje von der TUHH. Das Musikalische Rahmenprogramm des Festakts gestaltet das Celloduo Wentrup/Selle von der Hochschule für Musik und Theater.
Die TUHH verleiht in 35 Jahren ihres Bestehens erst zum sechsten Mal die Würde eines Ehrendoktors. Den Ehrentitel tragen außerdem Professor Hansjörg Sinn (Hamburg), Professor Hans-Georg Unger (Braunschweig), Hartmut Mehdorn (Berlin), Eberhard Reuther (Hamburg) sowie Professor Otto Fiedler (gestorben am 27.März).
Prof. Eric von Hippel entstammt einer Familie, die zahlreiche prominente Wissenschaftler hervorbrachte. Bereits sein Vater, Prof. Dr. Arthur R. Hippel, hatte am MIT einen Lehrstuhl für Materialwissenschaften inne. Hippels Mutter Dagmar war die Tochter des Nobelpreisträgers James Franck. Da sie jüdischer Abstammung war, musste die Familie in den 1930er Jahren Deutschland verlassen. Bevor sie eine neue Heimat in Boston fand, arbeitet Arthur R. von Hippel einige Jahre als Wissenschaftler am Nils Bohr Institut in Kopenhagen. Eric von Hippel hat vier Geschwister: der jüngere Bruder hält einen Lehrstuhl für "Public and International Affairs" an der Princeton´s Woodrow Wilson School; der ältere Bruder war Professor für Molekularbiologie an der Universität Oregon; Arndt von Hippel war als Herzchirurg an der Universitätsklinik in Anchorage/Alaska tätig. Die Schwester ist Schriftstellerin.
Text: Martina Brinkmann
TUHH - Pressestelle
Ruediger Bendlin
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