15.04.2011
Optionen zu haben, muss wichtig sein für Kirsten Meyer.Während der Schulzeit wollte die gebürtige Osnabrückerin Journalistin werden. Nach dem Abitur und einem Jahr Auszeit, das sie unter anderem für einen Work und Travel-Aufenthalt in Australien nutzte, entschied sie sich aber für ein Ingenieurstudium – nicht zuletzt aufgrund der vielen Möglichkeiten, die sich ihr in diesem Beruf bieten.
Ihr Maschinenbaustudium absolviert Meyer in Aachen mit dem Vertiefungsschwerpunkt „Konstruktion und Entwicklung“.„Das ist der allgemeinste, denn ich wollte mir offen halten, in welche Richtung ich später gehe“, erklärt die 27-Jährige. Nach ihrem Diplom und einem Praktikum in der Getriebeentwicklung der Winergy AG steht für sie zumindest der Bereich fest, in dem sie arbeiten möchte: alternative Energie. Und sie steuert eine Doktorarbeit zum Thema Windkraft an. Nur – es gibt kaum ausgeschriebene Stellen auf diesem Gebiet. Bei ihrer Suche stößt sie schließlich auf eine Ausschreibung vom Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft der TU Hamburg-Harburg. Allerdings geht es dabei nicht um Windkraft, sondern um Biokraftstoffe im Luftverkehr. Die frischdiplomierte Ingenieurin überlegt nicht lange und bewirbt sich, denn das Thema passt zu ihrer Diplomarbeit, in der hat sich die Ingenieurin mit Energieszenarien im ländlichen Indonesien befasst. Für ihre Abschlussarbeit untersuchte sie, wie die Bauern, die mit Kerosin, Holz oder dem Öl der Jatropha-Pflanze kochen, die Essenszubereitung möglichst kostengünstig und energieeffizient gestalten können.
„Dann habe ich die Zusage von der TUHH bekommen und bin nach Hamburg gekommen, eine der Städte, in denen ich schon immer leben wollte. Das habe ich bisher auch noch nicht bereut“, sagt sie lächelnd. Seit Februar ist sie nun an der TUHH und arbeitet mit am Forschungsprojekt BurnFAIR, an dem außer der TUHH verschiedene Partner aus Forschung und Industrie beteiligt sind, unter anderem die Lufthansa Technik AG, Airbus, der Motorenhersteller MTU, Bauhaus Luftfahrt, das Deutsche Luft-und Raumfahrtzentrum.
Ziel des Projekts ist es, emissions- und kostengünstige Kraftstoffe für den Luftverkehr zu entwickeln und einzusetzen. Eine der Aufgaben der TU-Wissenschaftler besteht darin, ein Bewertungssystem zu entwickeln, das erlaubt, Aussagen über die Nachhaltigkeit der unterschiedlichen Biotreibstoffe zu machen.
Noch in diesem Jahr soll ein Airbus A321 für sechs Monate auf Testflug im regulären Flugbetrieb zwischen Hamburg und Frankfurt gehen. Dabei wird an einem der Triebwerke ein Kraftstoff mit 50- prozentigem Biokerosinanteil eingesetzt.
Der verwendete Biokraftstoff wird aus Pflanzen hergestellt, die Öl liefern. Wie zum Beispiel die Früchte von Ölpalmen oder der genügsamen Strauchpflanze Jatropha, mit der sich Kirsten Meyer bereits in ihrer Diplomarbeit befasst hat. Jatropha wird noch nicht lange für die Biokraftstoffgewinnung genutzt. Dabei hat diese gleich mehrere Vorzüge: Sie wächst auch auf kargen Böden und kommt mit nur wenig Wasser zurecht. Außerdem ist sie weder Futter- noch Nahrungspflanze und die kleinen Nüsse, die sie produziert, haben einen relativ hohen Ölanteil von 30 Prozent.
„Mein Aufgabengebiet ist die Untersuchung der Produktionsketten des Treibstoffs“, sagt Meyer und ergänzt: „Meine Aufmerksamkeit gilt dem Lebenszyklus des Biokerosins vom Anbau der Pflanzen bis zur Nutzung. Wir untersuchen die Auswirkungen einzelner Prozesse, wie den Transport des Pflanzenöls zur Raffinerie oder die Weiterverarbeitung des Öls zu synthetischem Biotreibstoff im Hinblick auf die CO2-Emissionen, strukturpolitische Effekte - und die Kosten. Hier liegt derzeit auch unser Fokus. Für ihre Doktorarbeit wird sie das Thema vorrausichtlich noch weiterentwickeln. Wohin genau steht derzeit allerdings noch nicht fest. Es gibt mehrere Optionen.
Die Zukunftsperspektiven von Biokraftstoffen als umfassende Alternative zu fossilen Treibstoffen sieht Kirsten Meyer eher skeptisch: „Für den Autoverkehr sind Biokraftstoffe wohl eher eine Übergangslösung. Im Flugverkehr gibt es allerdings nicht die Möglichkeit. Elektroantriebe oder Wasserstoff als Energieträger einzusetzen, das ist in der Luftfahrt nicht möglich. Das erhöht den Stellenwert von Biokerosin immens.
In der Zeit, die ihr neben der Forschungsarbeit an der TUHH bleibt, will Kirsten Meyer sich engagieren. Früher hat sie Kinderturngruppen geleitet. Und seit sie 16 ist, organisiert und leitet sie einmal im Jahr ein Zeltlager für Kinder und Jugendliche im Alter von fünf bis fünfzehn in ihrem Heimatort. Darüber hinaus hat sie in den vergangenen zweieinhalb Jahren in ihrer Studienstadt Aachen gemeinsam mit Studienkollegen eine Regionalgruppe von Ingenieure ohne Grenzen e.V. aufgebaut. Das erste Projekt ist gerade abgeschlossen: Trenntoiletten für eine Schule an der Küste von Kenia. „Zwar gibt es in Hamburg ebenfalls eine Regionalgruppe der Ingenieure ohne Grenzen, dennoch möchte ich mir eine neue Aufgabe suchen.“ Gern auch wieder im Ehrenamt. Denn das ist ihr wichtig.
Anlässlich der Ringvorlesung „Alternative Kraftstoffe“ und passend zur Arbeit von Kirsten Meyer spricht am 15.4.2011 Dipl.-Kfm. Joachim Buse, Leiter der Projektorganisation AviationBiofuel der Deutschen Lufthansa AG,über „Biokraftstoffe im Luftverkehr“. Die Vorlesungsreihe ist öffentlich und findet jeweils freitags ab 15 Uhr im Gebäude K, Raum 0506, Denickestraße 15 statt.
Text: Anke Mönning
TUHH - Pressestelle
Jutta Katharina Werner
E-Mail: pressestelle@tuhh.de