03.03.2011
Dass Doktorhut nicht gleich Doktorhut ist, zeigt sich bereits bei Martin Luther. Der Reformator trug einen solchen in Form einer Baskenmütze (zu sehen auf dem berühmten Porträt von Lucas Cranach dem Älteren von 1529). Mit seiner Doktormütze distanzierte Luther sich bewusst von den Doktoren und Lehrmeistern seiner Zeit, die meist zugleich katholische Geistliche waren. Einige Jahrhunderte lang hielt sich die Tradition schwarze Robe und Doktorhut zu tragen, zuletzt immerhin bei offiziellen Feierlichkeiten. Nach den Studentenbewegungen in den 1960ern war die Amtskleidung bei vielen Hochschulabsolventen verpönt und der Doktorhut als Symbol höherer akademischer Weihen verschwand von den Köpfen der frisch Promovierten. Seit einigen Jahren ist er zurück, doch nicht länger als ein verstaubtes Symbol für die erreichte Doktorwürde, sondern vor allem als origineller Beitrag zum Spaßfaktor.
Anders als Luthers Baskenmütze ist der Doktorhut im heutigen deutschsprachigen Raum dem anglo-amerikanischen mortarboard (zu Deutsch Mörtelbrett, aufgrund der Ähnlichkeit mit selbigem) nachempfunden: einer Kappe mit darauf befindlicher quadratischer Plattform und seitlich zu tragender Quaste. Ebendiese nach oben offene Fläche bietet viel Raum zur Gestaltung. Und so ist es in deutschen Universitäten inzwischen Brauch, dass sich Kollegen, Mit-Doktoranden und Kommilitonen eines Promovierenden des nackten Hutes annehmen und ihn gestalten - häufig mit viel Aufwand und Ideenreichtum. Dabei reflektieren die Kreationen in mal pfiffiger mal augenzwinkernder Weise die (Doktor-)Arbeit des Promovierten und manchmal auch das private Leben.
Wie im Fall des Doktorhutes von Renato Rimolo-Donadiovon der TU Hamburg-Harburg, der im Dezember 2010 am Institut für Theoretische Elektrotechnik promovierte. Sein Hut wurde von seinen Kollegen unter der kreativer Leitung von Miroslav Kotzev gestaltet. Seine symbolträchtige Kopfbedeckung zeigt, wie er sein Leben als frisch gebackener Vater und Doktorand unter einen Hut bekommen hat.
In seiner Doktorarbeit beschäftigt sich Renato Rimolo-Donadio, der 2004 aus Costa Rica für einen Masterstudiengang an die TUHH kam, mit der Entwicklung von effizienten Modellen für Durchkontaktierungen und Leitungen in Chip-Modulen und Leiterplatten. Deshalb finden sich diese Komponenten natürlich auch auf dem Hut, die grüne Leiterplatte dient dabei als Basis des Gesamtkunstwerkes.
Das Baby mit der Flagge von Costa Rica im Arm stellt den wohl wichtigsten Aspekt seines derzeitigen Lebens dar: seinen Sohn Leonardo, der 2008 auf die Welt gekommen ist, also mitten in Renato Rimolo-Donadios turbulente Zeit als Doktorand.
„Das Miniatur-Gemälde auf der Staffelei ist ein 'Picasso'“, erklärt er schmunzelnd. Auch er malt und zeichnet. Am liebsten seltsame Figuren wie sie der große spanische Maler geschaffen hat. Derzeit findet er hierfür allerdings nur selten Zeit, ebenso wenig, wie für die vielen interessanten Kunstmuseen, die Deutschland biete. Nicht zuletzt um diese alle zu besuchen, möchte er über das Jahr 2011 hinaus in Deutschland bleiben. Die nächste Zeit wird jedoch noch einmal anstrengend, denn nun schreibt seine Frau ihre Doktorarbeit.
Eine weitere Komponente der Hutkreation ist die sehr schnelle Tastatur (gekennzeichnet durch das "10-100 Gb/s"-Schild). Sie steht für Rimolo-Donadios Talent, rasant Tippen zu können, was seine Kollegen sehr lustig finden. Diese Fähigkeit habe aber nichts damit zu tun, dass er schon so viel veröffentlicht hat – symbolisiert durch das dicke Buch mit dem Titel „List of Papers“. Eine ironische Übertreibung, soll dieses Buch doch lediglich die Titel seiner Veröffentlichungen enthalten. Und die Gummibärchen? „Die ersetzten während der Arbeit an meiner Doktorarbeit häufig mein Mittagessen.“
Renato Rimolo-Donadio würde den Wettbewerb der Doktorhüte am kommenden Freitag, 4. März, an der TUHH im Rahmen der 1. Promotionsfeier gern gewinnen. Für seine Kollegen, die sich so viel Mühe bei der Gestaltung gegeben haben.
Text: Anke Mönning
TUHH - Pressestelle
Jutta Katharina Werner
E-Mail: pressestelle@tuhh.de