21.08.2009
Wie viel Kultur steckt in der Technik, wie viel Technik steckt in der Kultur? Wissenschaftler der TU Hamburg-Harburg (TUHH), der Universität Hamburg sowie der HafenCity-Universität Hamburg (HCU) forschen seit mehr als vier Jahren an Schnittstellen von Kunst und Technik. Das von ihnen betreute Graduiertenkolleg "Material und Form in künstlerischen und technischen Gestaltungsprozessen" ist jetzt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) um weitere viereinhalb Jahre verlängert worden. 3,4 Millionen Euro erhalten die beteiligten Ingenieurwissenschaftler und Geisteswissenschaftler, um die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen technischen und gestalterischen Komponenten weiterhin zu beleuchten.
Dabei geht es um die Annäherung zweier Felder: "Die Kulturförmigkeit der Technik und Technikförmigkeit der Kultur", heißt es im DFG-Gutachten, das die bisher geleistete Arbeit mit "sehr gut bis exzellent" bewertet und zugesteht, dass dieses außergewöhnliche Forschungsprogramm eine "Herausforderung ersten Ranges" darstellt. Die Forschung sei ein ebenso riskantes wie fruchtbares Feld, zudem einmalig und wichtig, und genösse in der Förderung "höchste Priorität".
2005 ist das Graduiertenkolleg mit 2,5 Millionen Euro von der DFG auf Initiative von Prof. Dr. Margarete Jarchow an der TUHH eingerichtet worden. Von den beteiligten zehn Promovendinnen und vier Promovenden haben bereits acht ihre Dissertationen abgeschlossen oder stehen unmittelbar vor dem Abschluss. Eine Bauingenieurin untersuchte beispielsweise neue Tragsysteme und Möglichkeiten der Formgebung und Gestaltung für Brücken aus Spannbeton. Eine Kunstgeschichtlerin setzte sich mit der Genese der ästhetischen Kategorie "Materialgerechtigkeit" auseinander, speziell mit den mit der Industrialisierung aufkommenden neuartigen Werkstoffen wie Gusseisen, Zelluloid oder Beton. Und eine Literaturwissenschaftlerin entwarf ein Fünf-Komponenten-Modell für die Analyse digitaler Literatur.
Die inter- wie auch transdisziplinär angelegte Forschung soll zwischen naturwissenschaftlich-technischen und künstlerisch-geisteswissenschaftlichen Disziplinen eine Annäherung und Verständigung schaffen. Zentrale Forschungsidee ist es, medien- und kunstgeschichtliche sowie volkskundliche Dissertationen mit solchen aus den Ingenieurwissenschaften und der Architektur durch übergeordnete Fragestellungen zusammenzuführen. Das gemeinsame Forschungsinteresse richtet sich auf die Bedeutung von Material und Form in Kunst und Technik. Im Zentrum stehen Fragen der Formfindung und Formgebung sowie der Wahrnehmung von Dingen in ihrem kulturellen Kontext.
In der zweiten Förderphase soll der Generierung und Beurteilung von Formen noch stärkere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Denn die Gemeinsamkeiten von Material und Form sowie von technischen und künstlerischen Gestaltungsprozessen lassen sich ohne Einbeziehung des alltagskulturellen Nährbodens und Umfeldes nicht verstehen. Folgende zwei Themenfelder stehen künftig im Zentrum der Forschung:
Formgebung und neue Werkstoffe in Architektur, Ingenieurbau, Produktentwicklung und -design" sowie
Gestaltung und Wahrnehmung von technischen und künstlerischen Artefakten im kulturellen Kontext, ihre Funktion, Repräsentation und Rezeption.
Am Kolleg beteiligt sind:
Prof. Dr. phil. Margarete Jarchow (Sprecherin), Fachgebiet: Kunst- und Kulturgeschichte, TUHH
Prof. Dott. Arch. Paolo Fusi, Fachgebiet: Architektur und städtebaulicher Entwurf, HCU
Prof. Dr.-Ing. Karl Schulte, Fachgebiet: Polymer Composites, TUHH
Prof. Dr. Viktor Sigrist (stellvertretender Sprecher), Fachgebiet: Bauingenieurwesen/Tragwerksbau, TUHH
Prof. Dr. Thomas Hengartner, Fachgebiet: Volkskunde, speziell kulturwissenschaftliche Technikforschung, Universität Hamburg
Für Rückfragen:
Prof. Dr. Viktor Sigrist
Tel.: 040/ 42878-3022
E-Mail: sigrist@tuhh.de
Siehe auch: http://www.tu-harburg.de/kunstundtechnik/
TUHH - Pressestelle
Jutta Katharina Werner
E-Mail: pressestelle@tuhh.de