Alles nur Simulation?

TU Hamburg Start-up DyssolTEC entwickelt Software für die Industrie

22.12.2022

Mit der Gründung konzentrieren sich Prof. Stefan Heinrich, Sophia Rothberg, Vasyl Skorych und Christian Eichler (v.l.n.r.) auf einen mehrdimensionalen und dynamischen Ansatz.
Mit der Gründung konzentrieren sich Prof. Stefan Heinrich, Sophia Rothberg, Vasyl Skorych und Christian Eichler (v.l.n.r.) auf einen mehrdimensionalen und dynamischen Ansatz. Foto: DyssolTEC GmbH

Ein digitaler Zwilling – was erst einmal klingt wie aus einem Science-Fiction-Film, dient in Wahrheit dazu, Produktionsprozesse zu simulieren und sie dadurch zu optimieren. Das Start-up DyssolTEC GmbH der Technischen Universität Hamburg hat sich dieser Technologie angenommen und eine Software zur Verbesserung von Feststoffprozessen in der chemischen, pharmazeutischen und Lebensmittelindustrie entwickelt. Damit können Hersteller von Feststoffprodukten wie Milchpulver oder Waschmittel herausfinden, an welchen Stellen sie Ressourcen einsparen und die Qualität der Produkte steigern können, ohne in die laufende Produktion eingreifen zu müssen.

Feststoffe im Fokus

Hinter der Software steht das Prinzip eines digitalen Zwillings. Darüber wird der Prozess Schritt für Schritt in einer Software, durch eine sogenannte Fließschemasimulation, abgebildet. Mit dieser Software kann beispielsweise simuliert werden, welche Auswirkungen eine Änderung der Temperatur auf das Endprodukt hätte. Das ist zeit- und ressourcensparender als direkt in den laufenden Prozess einzugreifen. DyssolTEC hat sich auf Prozesse mit Feststoffen wie Milchpulver, Löskaffee, Waschmittel oder Düngemittel spezialisiert. „60 bis 70 Prozent der chemischen Produktionsprozesse laufen mit Feststoffen ab. Trotzdem gibt es bislang vorwiegend Simulationsprogramme, die sich mit Flüssig-Gas-Prozessen beschäftigen“, sagt Verfahrenstechnikerin Sophia Rothberg von der TU Hamburg. 

Wie eine wachsende Bibliothek

Das Start-up hat bereits 15 Prozessmodelle aus der Feststoffverfahrenstechnik in das Programm integriert, weitere Modelle sollen folgen. Rothberg beschreibt die Software als eine Modellbibliothek, die am Ende als eine Art Baukastensystem funktioniert. Neben dem allgemeinen Fokus auf Feststoffe ist der Ansatz der mehrdimensionalen Produkteigenschaften besonders. Denn Feststoffe haben sehr viele verschiedene Eigenschaften, wie zum Beispiel die Partikelgröße oder auch die Zusammensetzung. „Es ist wichtig, all diese Eigenschaften in der Simulation betrachten zu können, da diese auch oft voneinander abhängig sind und sich gegenseitig beeinflussen“, sagt die TU-Wissenschaftlerin. Genau das ermöglicht die Software - mit Erfolg. Die Gründer∗innen haben bereits Kooperationen mit den zwei großen Chemiekonzerne BASF und Evonik Industries AG gestartet. Weitere Industriepartner sind bereits mit dem Start-up im Gespräch. 

Open Source bleibt Mittel der Wahl 

Die Gründer∗innen haben sich bei ihrer Arbeit am Institut für Feststoffverfahrenstechnik und Partikeltechnologie an der TU Hamburg kennengelernt. Vasyl Skorych hat mit der Entwicklung der Software im Rahmen eines DFG-Schwerpunktprogramms bereits vor neun Jahren begonnen, bevor er Christian Eichler und Sophia Rothberg mit ins Boot holte. Außerdem ist Professor Stefan Heinrich, Direktor des SPE, Mitgründer. Er unterstützt die jungen Wissenschaftler∗innen mit seiner Erfahrung in der Feststoffverfahrenstechnik und der industriellen Anwendung. Um weitere Interessenten von sich zu überzeugen, steht die Software aktuell online als Open Source zur Verfügung. „Das Basisprogramm soll auch weiterhin als Testversion kostenlos bleiben. Damit treiben wir auch die weitere Forschung in diesem Feld voran und teilen unsere Erkenntnisse mit anderen Wissenschaftlern“, sagt Rothberg. Ziel des Start-ups ist es, für eine erweiterte Version der Software Lizenzen zu verkaufen und Unternehmen maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. 


TUHH - Pressestelle