Auftrieb für umweltfreundlicheres Fliegen

TU Hamburg beteiligt sich an neuer Initiative für Luftfahrt-Biokraftstoffe

08.06.2011

Prof. Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt
Prof. Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt
Foto: Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft

Prof. Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt von der TU Hamburg gehört zu den Gründungsmitgliedern des heute in Berlin gegründeten Vereins Aviation Initiative for Renewable Energy in Germany. AIREG wurde in Anwesenheit von Verkehrsminister Dr. Peter Ramsauer im Hotel Adlon der Öfffentlichkeit erstmals vorgestellt. Die neue Initiative aus Forschungseinrichtungen und Unternehmen der Luftfahrt sieht sich als Plattform zur Förderung klimafreundlicher Flugkraftstoffe und ist besonders der Nachhaltigkeit verpflichtet. Ziel ist die Förderung regenerativer Energien im Luftverkehr in Deutschland.

„Die Gründung von AIREG ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum klimaverträglicheren Luftverkehr“, sagt Professor Kaltschmitt. Aufgrund einer Vielzahl bisher ungelöster Probleme, die unter anderem die Biomasseproduktion, die Weiterverarbeitung zu Biokerosin, die globale Kraftstoff-Logistik und die damit verbundene CO2-Zertifizierung umfassen, sei eine fundierte wissenschaftliche Begleitung dieses Markteinführungsprozesses zwingend erforderlich. Die Technische Universität Hamburgs verfüge auf diesem Gebiet bereits über eine beachtliche Expertise und werden künftig mit ihren schon laufenden Aktivitäten zum „grünen“ Luftverkehr wesentlich beitragen.

Bisher stellen im Luftverkehr regenerative Biotreibstoffe auf Pflanzenöl-Basis die einzige großtechnische praktikable Alternative zu fossilem Kerosin dar. Sie stehen global bislang jedoch nur in sehr geringen Mengen zur Verfügung, so dass die nachhaltige Industrialisierung der Produktion eine wesentliche Aufgabe für Industrie und Forschung ist. Bis dahin muss gewährleistet sein, dass die Produktion von Biokraftstoff auf pflanzlicher Basis nicht mit der Herstellung von Nahrungsmitteln konkurriert und die Kriterien der Nachhaltigkeit (Renewable Energy Directive des Europäischen Parlaments und Rates) eingehalten werden. Auch muss die Möglichkeit eines Mix‘ mit dem heutigen JET A1-Kerosin gewährleistet sein. „Die kostengünstige Erfüllung dieser Forderung ist jedoch extrem anspruchsvoll“, sagt Professor Martin Kaltschmitt. Deshalb laufen weltweit an vielen Stellen entsprechende Forschungsarbeiten, so auch an der TUHH. Experten wie Professor Kaltschmitt untersuchen unter anderem das Potential der Jatropha-Nuss, die Möglichkeit einer Biomasse-Produktion auf der Basis von Mikroalgen und mögliche Syntheseprozesse.

Hinzu kommt, dass es mittelfristig keine Alternative zu Kerosin als Energiequelle für die zivile Luftfahrt gibt. Ungeeignet sind auch Wasserstoff und Batterieantrieb, da unter anderem die Energiedichte für Verkehrsflugzeuge zu gering ist. Deshalb muss ein alternativer Kraftstoff mit Marktpotenzial die gleichen oder bessere Eigenschaften als fossiles Jet-A1 Kerosin haben und nahtlos in der bestehenden, globalen Luftfahrzeugflotte einsetzbar sein. Experten sprechen von einer „drop-in / fit-for-purpose“ Lösung.

Die Luftfahrtindustrie hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2020 CO2 neutrales Wachstum zu erreichen und bis zum Jahr 2050 ihre CO2 Emissionen im Vergleich zum Jahr 2005 absolut zu halbieren. Dazu sollen technologische Verbesserungen im Bereich Luftfahrzeug, Triebwerk und Organisation des Luftverkehrs eine Reduktion des passagierspezifischen Energieverbrauchs um bis zu 75 Prozent bis zum Jahr 2050 ermöglichen. Trotzdem kann das Ziel einer Halbierung der CO2 Emissionen in der Luftfahrt nur mit gleichzeitigem Einsatz regenerativer Energien erreicht werden.

Die Produktzyklen in der Luftfahrt sind sehr lang. Die Entwicklung eines Flugzeugs dauert etwa zehn Jahre. Der Produktionszeitraum beträgt üblicherweise zwischen 20 und 30 Jahre und deren Einsatzdauer zwischen 25 und 40 Jahre. Auch dies spricht für die Entwicklung von Biokerosin.

Die Luftfahrt trägt heute weltweit zu anthropogen verursachten CO2-Emissionen mit bis zu zwei Prozent bei. Dieser Anteil wird ansteigen, wenn andere CO2- Verursacher ihre Emissionen mindern und die Luftfahrt keine geeigneten, ausgleichenden Maßnahmen trifft, um ihre eigenen CO2- Emissionen zu senken. Außerdem sind die fossilen Energieressourcen endlich, weshalb mit einer langfristigen Verknappung und Verteuerung zu rechnen ist.

Die Gründungsmitglieder von aireg sind (in alphabetischer Reihenfolge)

AirBerlin, Bauhaus Luftfahrt e.V. , Booz & Co., Condor Flugdienst GmbH, Deutsches Biomasseforschungszentrum (DBFZ), Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt e.V. (DGLR), Deutsche Lufthansa AG, Deutsche Post AG, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), EADS, Flughafen München GmbH, Forschungszentrum Jülich GmbH, JatroSolutions GmbH, Leuphana Universität Lüneburg, MTU Aero Engines GmbH, Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG, Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH), TUIfly, VERBIO Vereinigte BioEnergie AG

Für Rückfragen:

TU Hamburg-Harburg
Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft
Prof. Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt
E-Mail: kaltschmitt@tuhh.de


TUHH - Public Relations Office
Jutta Katharina Werner
E-Mail: pressestelle@tuhh.de