TUHH-Forscher lösen Rätsel um den Brunnenfaden: Trinkwasserbakterium verwertet Methan

13.02.2006

Diese Abbildung des Brunnenfadens wählte die PNAS- Redaktion als Titelbild aus. (c) PNAS
Diese Abbildung des Brunnenfadens wählte die PNAS- Redaktion als Titelbild aus. (c) PNAS

Ein Forscherteam der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) sowie der Universitäten Wien und Aalborg berichten in der heute erscheinenden Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Science" (PNAS) über einen entscheidenden Fortschritt bei der Erkennung eines Methan verwertenden Bakteriums. Der gelegentlich in Trinkwasser vorkommende harmlose Brunnenfaden nutzt als Energiequelle das Treibhausgas Methan und bedient sich dabei eines äußerst ungewöhnlichen Enzyms.



Der Brunnenfaden (Crenothrix polyspora) lässt sich weder im Labor züchten noch mit herkömmlichen Labormethoden untersuchen. Im Institut von Prof. Dr.-Ing. Knut Wichmann von der TUHH und der dort angesiedelten Forschungsstelle der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) ist es gelungen, ausreichend große Mengen des Brunnenfadens aus dem Rückspülschlamm eines Wasserwerkes zu gewinnen. Damit waren erstmals die Voraussetzungen für molekularbiologische Untersuchungen des Crenothrix polyspora geschaffen. Ohne über eine Reinkultur zu verfügen, konnten die Wissenschaftler aus Wien sowie Aalborg den Beweis für die Methanverwertung des Brunnenfadens erbringen. Außerdem gelang es ihnen, die Verwandtschaft zu anderen Methan verwertenden Bakterien nachzuweisen.



Obwohl der Brunnenfaden eindeutig bei den Methan verwertenden Bakterien einzuordnen ist, verwendet er ein bislang unbekanntes Enzym, um das Methan umzusetzen. Diese Form des Enzyms wurde bisher bei keinem anderen untersuchten Lebewesen nachgewiesen. Es ähnelt mehr dem Enzym zur Oxidation des Ammoniums als jenen anderer Methan verwertender Bakterien.

Für die Grundlagenforschung ergeben sich hieraus völlig neue Einblicke in die Evolution und Biochemie Methan verwertender Bakterien.



"Für die angewandte Forschung und die Praxis der Trinkwasseraufbereitung ist nach langer Zeit der Vermutungen die Ursache für die Massenentwicklung des Brunnenfadens eindeutig geklärt und kann künftig gezielt unterbunden werden", sagt Dr. Bernd Bendinger, Mikrobiologe der DVGW-Forschungsstelle an der TUHH und Initiator des Forschungsprojektes.



"Hier wurden wichtige Fragen der Praxis mit modernsten Methoden der Grundlagenforschung beantwortet", sagt Prof. Dr.-Ing. Knut Wichmann. Der Wissenschaftler ist in Personalunion Leiter des Instituts für Wasserressourcen und Wasserversorgung sowie der DVGW-Forschungsstelle an der TUHH.



Mehr als 100 Jahre hatte sich die Fachwelt weltweit bemüht, neue Erkenntnisse über den Brunnenfaden zu gewinnen, der in der Trinkwasserversorgung immer wieder für Probleme sorgte. Seine Fähigkeit, sich massenhaft zu vermehren, führt zur Bildung schleimiger Schichten, in deren Folge Filteranlagen verstopfen, manchmal einzelne Brunnen vorübergehend abgeschaltet werden müssen. In seltenen Fällen erreichte der Brunnenfaden sogar das Verteilungsnetz.



Als Retter des Klimas wird der Brunnenfaden allerdings nicht in die Geschichte eingehen. Methan verwertende Bakterien sind zwar für die Verringerung der Konzentration des Treibhausgases Methan in der Atmosphäre bekannt, jedoch spielt der Brunnenfaden hierbei keine Rolle: Weil er Methan nur in hohen Konzentrationen, wie sie zum Teil im Grundwasser vorkommen, verwerten kann.



Die Ergebnisse dieser Studie werden heute in der Druckausgabe der Fachzeitschrift PNAS unter dem Titel "Cohn’s Crenothrix is a filamentous methane oxidizer with an unusual methane monooxygenase" veröffentlicht.



Forschungsstelle der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfachs e.V. an der TUHH

Die 1996 gegründete Forschungsstelle ist das Zentrum in der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Praktikern des DVGW, der TUHH sowie der Hamburger Wasserwerke. Ihr Ziel ist die Optimierung der Wasseraufbereitung und die Sicherung einer hohen Trinkwasserqualität. Die Forschungsstelle ist der Ansprechpartner für die kleinen und mittleren Versorgungsunternehmen im norddeutschen Raum, sobald Probleme vor Ort auftreten und wissenschaftliche Untersuchungen erforderlich sind.



Weitere Informationen:

http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.0506361103

http://www.tu-harburg.de/wwv



Ansprechpartner:

Prof. Dr.-Ing. Knut Wichmann

Tel.: (040) 428 78 - 3451

Fax: (040) 428 78 - 2999

E-Mail: wichmann@tu-harburg.de


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