Roboter bauen - so schließt Hamburg die Ingenieurlücke

Förderprogramm von TU und Nordmetall macht Schule

10.06.2011

Schüler mit Tutorin Anna-Maria Liebhoff (2.v.l.) im Robotik-Kurs
Schüler mit Tutorin Anna-Maria Liebhoff (2.v.l.) im Robotik-Kurs
Foto: Koordinierungsstelle Infotronik / Mechatronik

Der deutschen Wirtschaft fehlen zurzeit schon über 100.000 Akademiker aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT). Ein Förderprogramm der TU Hamburg und des Arbeitgeberverbands Nordmetall hilft immer erfolgreicher, zumindest die Lücke bei Studenten der Ingenieurwissenschaften zu schließen. Das Programm bietet Robotik-Kurse für Schulen an, die in immer mehr Schulen der Metropolregion fester Bestandteil des Unterrichts werden.

Bereits ein Drittel der Kurse, in denen Schüler Roboter konstruieren, findet im Rahmen des regulären Unterrichts statt. Jetzt wird das inzwischen größte Programm zur nachhaltigen Förderung des naturwissenschaftlich-technischen Nachwuchses in Norddeutschland auch auf Hamburger Stadtteilschulen ausgeweitet. Erstmals kommen dann Haupt- und Realschüler in den Genuss dieser Förderung. Für diesen Ausbau stellen Nordmetall 90.000 Euro und die Stiftung zur Förderung der TUHH weitere 18.000 Euro zur Verfügung.

Jeder vierte Student hat in seiner Schulzeit an einem Robotik-Kursus teilgenommen

Die Begeisterung für Technik, die in den Robotik-Kursen geweckt wird, ist nachhaltig und hat Einfluss auf die spätere Studienwahl. So sind 25 Prozent der Studierenden, die im Rahmen der dualen Studienförderung an der TU „Informatik-Ingenieurwesen“ und „Mechatronik“ studieren, Robotik-Schüler gewesen. „Das Programmieren und Bauen hat mir derart viel Spaß gebracht, dass für mich bald klar war, einen technisch ausgerichteten Beruf zu wählen“, sagt Anna-Maria Liebhoff. Sie ist Studentin im Informatik-Ingenieurwesen und bewältigt ihr Studium „dual“ – das bedeutet ein monatliches Stipendium in Höhe von 830 bis 900 Euro, Praktikumsphasen während der Semesterferien und die Garantie einer späteren Übernahme in einem der 13 Unternehmen der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie, die die Stipendien finanzieren. Anna-Maria Liebhoff wird nach ihrem Studium bei Airbus einsteigen.

Da die Nachfrage nach dieser Form der Studienförderung steigt, werden an der TUHH zum Wintersemester 2011/12 die Studiengänge „Schiffbau“ und „Elektrotechnik“ ebenfalls in die duale Studienförderung aufgenommen. 3,1 Millionen Euro sind seit dem Start 2003 von Nordmetall und den 13 Mitgliedsunternehmen in dieses Programm geflossen.

Schüler im Robotik-Kurs
Schüler im Robotik-Kurs
Foto: Koordinierungsstelle Infotronik / Mechatronik

Die Robotik-Kurse existieren seit 2005. Sie wurden seitdem mit rund 250.000 Euro von Nordmetall finanziert und von dem promovierten Ingenieur Sven-Ole Voigt von der TUHH zu einem der erfolgreichsten Programme zur Förderung des naturwissenschaftlich-technischen Nachwuchses in Norddeutschland ausgebaut. Mehr als 3.000 Schülerinnen und Schüler von der 5 bis zur 13. Klasse aus mehr als 50 Schulen in der Metropolregion Hamburg profitieren seitdem von diesem jeweils über ein halbes Schuljahr dauernden Kursangebot. Das sind jährlich etwa 1.000 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren, die in Schulen in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein Roboter bauen: 400 Robotik-Baukästen sind dafür im Einsatz.

Weitere Schüler werden dazukommen, wenn nach den Sommerferien die Stadtteilschulen in Barmbek, Jenfeld und Harburg dafür ihre Türen öffnen. Dieses projektorientierte Lernen steigert die Motivation und den Lernerfolg gerade in den MINT-Fächern, für die sich immer weniger Kinder begeistern lassen. Auffallend ist der vergleichsweise hohe Anteil der Mädchen in diesen Kursen. Außerdem wünscht sich die Mehrheit der Schüler eine Fortsetzung dieser Art des Unterrichts. Dies geht aus einer das Förderprogramm begleitenden Studie der TUHH hervor. „Beides ist für Fächer mit naturwissenschaftlich-technischer Ausrichtung sehr ungewöhnlich“, sagt Prof. Dr.-Ing. Sven-Ole Voigt, der heute an der TUHH als Juniorprofessor für Technische Informatik verantwortlich ist.

Die Nachhaltigkeit des Programms wird durch verschiedene, aufeinander aufbauende Kurse in den Klassenstufen 5 bis 13 sichergestellt: In der Unter- und Mittelstufe wird durch „Robotik mit LEGO Mindstorms“-Kurse möglichst breit das MINT-Interesse von Schülerinnen und Schülern geweckt. In der Mittel- und Oberstufe wird die Förderung durch Folgekurse fortgesetzt und die Motivation für MINT-Fächer verstärkt. Die Robotikkurse werden von 60 speziell dafür ausgebildeten TUHH-Studierenden eigenverantwortlich geleitet. Eine Schulung der Lehrerinnen und Lehrer erfolgt ohne zusätzlichen Aufwand quasi en passant.

TUHH-Präsident Prof. Dr. Dr. h.c. Garabed Antranikian: „Unsere Robotik-Tutoren verstehen sich als Botschafter der TU Hamburg. Sie vermitteln den Schüler anschaulich, wozu man Mathematik und Physik brauchen kann. Dadurch faszinieren sie auch Jugendliche, die sonst nicht in Kontakt mit Technik gekommen wären. Genau diese Zielgruppe wollen wir auch frühzeitig für ein TU-Studium gewinnen. Die ersten erfolgreichen Robotik-Studenten bestätigen unser Engagement.“

Hans-Günter Trepte, Leiter Arbeitsmarkt und Berufsbildung bei NORDMETALL: „Hochqualifizierte Ingenieure zu finden ist schwer, Informatik- bzw. Mechatronik-Ingenieure zu finden fast unmöglich. Zusammen mit der TU sind wir der Lösung näher gekommen. Die Idee, ein Uni-Studium mit betrieblicher Praxis zu kombinieren, ist bislang einzigartig in Deutschland. Und mit den Robotik-Kursen machen wir damit erfolgreich Werbung in den Schulen.“

Peter Golinski, Leiter Bildungspolitik und Weiterbildung bei NORDMETALL: „Unsere Aufgabe bei Nordmetall ist es, die Versorgung mit Fach- und Führungskräften für die Metall- und Elektroindustrie im Norden sicherzustellen. Die Robotik in der Schule hilft dabei erwiesenermaßen. Ganz besonders wichtig ist bei solchen Projekten, dass sie nicht nebenbei, sondern im Rahmen des Unterrichts stattfinden, um nicht nur die von sich aus interessierten Schüler, sondern alle zu erreichen.“

Prof. Dr.-Ing. Sven-Ole Voigt, Leiter der Koordinierungsstelle Infotronik / Mechatronik: „Alle Jugendliche wollen ein iPhone, doch nur wenige wollen es bauen. Wir möchten mit unseren Robotik-Kursen das naturwissenschaftlich-technische Interesse bei mehr Schülerinnen und Schülern wecken und nachhaltig fördern!“

Weitere Informationen:

Für Rückfragen:

Peter Haas
Pressestelle NORDMETALL
040 / 63 78-42 31
Email: haas@nordmetall.de


TUHH - Public Relations Office
Jutta Katharina Werner
E-Mail: pressestelle@tuhh.de