Weniger ist mehr: TUHH-Symposium zu frugalen Innovationen

15.10.2014

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums. Foto: TUHH/Gruhn

Die Kunst des richtigen Abspeckens: Das Symposium „Frugal Innovation“ an der Technischen Universität Hamburg (TUHH) brachte Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen, um gemeinsam die Entwicklung der globalen Märkte und dem damit verbundenen Trend zu frugalen (schlichten) Produkten zu diskutieren. Rund 45 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten in der vergangenen Woche der gemeinsamen Einladung des „Center for Frugal Innovation“ (CFI) der TUHH, unter der Leitung von Professor Cornelius Herstatt, und der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.

„Think global, act local“ – Die Globalisierung und die immensen Wachstumspotenziale locken viele deutsche Unternehmen zu einem verstärkten Engagement in Schwellenländern. Häufig ist dabei der Verkauf der für Industrieländer entwickelten Produkte wenig erfolgreich. „Die Gründe sind sowohl die geringere Zahlungskraft und -bereitschaft lokaler Kunden als auch abweichende Anforderungen an die Produkte“, sagt Dr. Rajnish Tiwari, Habilitand am Institut für Technologie- und Innovationsmanagement der TUHH und Mitbegründer des CFI. Anstelle hoch komplexer und damit teurer Produkte werden in vielen Regionen eher erschwingliche Produkte nachgefragt, die eine robuste Technik für die lokalen Rahmenbedingungen bereitstellen. Solche „good enough“ Produkte – Lösungen mit der „genau richtigen“ Funktionalität bei sehr guter Qualität und einem sehr wettbewerbsfähigen Preisniveau – kennzeichnen den Innovationsansatz frugaler Produkte.

Das Symposium diente in erster Linie dem Erfahrungsaustausch. Neben einem Impulsvortrag von Prof. Herstatt und Dr. Tiwari berichteten Vertreter verschiedener Unternehmen, wie in ihren Firmen Produkte frugal lanciert wurden, mit dabei: Basler AG, Bosch Emissions Systems GmbH, Evonik Industries AG, Dräger Safety AG, Invest in Visions GmbH, Voith Paper GmbH. Der Produktentwickler Helge Fitting, stellte die frugalen Innovationen im Nutzfahrzeugbereich der Daimler AG vor. Daimler verkauft bereits seit Jahrzehnten Kraftfahrzeuge in Indien – allerdings nur in geringen Stückzahlen. Die überwiegend in Deutschland hergestellten Industriefahrzeuge gelten dort als Spitzentechnologieprodukte, die für die meisten potenziellen Kunden zu teuer und außerdem nicht an die indischen Verkehrsverhältnisse angepasst sind. Unter der Marke „BharatBenz“ produziert Daimler deshalb seit 2012 Trucks speziell für den indischen Markt. Diese können auch, wie in Indien üblich, massiv überladen und auf nicht asphaltierten, einspurigen Straßen fahren. Dank mehrerer Produkt- und Prozessinnovationen sind die LKW deutlich günstiger und können im Falle einer Panne von jedem örtlichen Mechaniker markenunabhängig repariert werden, kurzum: „affordable excellence“ (erschwingliche Exzellenz).

„Die Erfahrungsberichte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gestalteten das Symposium sehr interessant und erkenntnisreich“, sagte ein Industrievertreter. Auch die Organisatoren zeigten sich zufrieden: „Wir als Institut nehmen viele Anregungen aus den zwei Tagen mit. Eine wiederkehrende Frage lautete beispielsweise: Besteht bei frugalen Innovationen das Risiko einer Markenverwässerung? Zwar können wir aus unseren bisherigen Erfahrungen sagen, dass dies eher unwahrscheinlich ist, dennoch können wir uns vorstellen, zukünftig detaillierte Forschungen bezüglich Marketingstrategien anzugehen“, sagt Tiwari. Dass immer mehr Unternehmen die enorme Bedeutung von frugalen Innovationen verstanden haben, spiegelt sich auch in den Teilnehmerzahlen des Symposiums wider: Während im vergangenen Jahr etwas mehr als 20 waren, kamen in diesem bereits doppelt so viele - Tendenz steigend. Prof. Herstatt: „Frugale Innovationen sind ein unaufhaltsamer Trend, dem sich kein Unternehmen verschließen darf, wenn es nachhaltig wettbewerbsfähig bleiben will."


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