Monsterwellen - um ein Vielfaches gefährlicher als bisher angenommen

16.08.2013

Monsterwelle trifft einen Supertanker
Monsterwelle trifft einen Supertanker
Foto: ESA/Philippe Lijour

Internationales Wissenschaftlerteam mit TUHH-Forscher Norbert Hoffmann berichtet in den "Physical Review Letters" über die Bildung neuartiger Riesenwellen.

In der aktuellen Ausgabe der "Physical Review Letters" (PRL), der renommiertesten Fachzeitschrift in der Physik, berichtet das Wissenschaftlerteam um den TUHH-Professor Norbert Hoffmann über neuartige Monsterwellen, die um ein Vielfaches gefährlicher sein können, als bislang angenommen. Der Fachartikel trägt den Titel " Hydrodynamic Supercontinuum". Zum internationalen und interdisziplinären Team gehören Amin Chabchoub, Norbert Hoffmann, Miguel Onorato, Geory Genty, John M. Dudley und Nail Akhmediev.

Seit Jahren sind die Experten um Hoffmann der Entstehung dieser maritimen Monster auf der Spur. Nach Schätzungen werden bis zu zehn Schiffe pro Jahr durch Riesenwellen stark beschädigt oder sogar versenkt. 2011 berichtete die Gruppe erstmals in den PRL. Damals gelang es den Forschern auf der Basis ihrer Berechnungen, im Wellenkanal der Technischen Universität Hamburg eine Monsterwelle zu erzeugen, die dreimal höher war als alle anderen Wellen.

Damit war die Theorie der Forscher bewiesen, der grundlegende Mechanismus der Monsterwellen deutlich klarer geworden. Die Forschungen indes gehen weiter, denn Hoffmann und seine Leute wollen noch besser verstehen, wie derartige Monsterwellen sich überhaupt aus harmlos scheinendem Seegang heraus bilden und wie sie sich durch mathematische Formeln und Gesetze beschreiben lassen. Dabei kommt den Wissenschaftlern die Optik zur Hilfe. In der nichtlinearen Optik nämlich sorgt farbiges Laserlicht für Effekte, die mit denen der Monsterwellen im Ozean vergleichbar sind. So war in bestimmten optischen Experimenten das plötzliche Auftreten von pulsartigen Lichtwellen zu beobachten, die sehr viel stärker waren als andere Wellen um sie herum.

Das aus der Optik bekannte Superkontinuum-Phänomen, ein Spaltprozess von
 extremen Soliton-Einzelwellen, hat das internationale Team bestehend aus 
Optik- und Wasserwellen-Experten nun erstmalig auch für Wasserwellen 
nachgewiesen. "Eine Folgerung
 dieses Phänomens ist, dass Ozean-Monsterwellen viel gefährlicher sein können als
 bislang angenommen", sagt Prof. Hoffmann. In Lasern führt das Erzeugen von Superkontinua dazu, dass einfarbig schmalbandiges
 Laserlicht in breitbandiges, teilweise regenbogenartiges Licht verwandelt wird. Als Superkontinuum bezeichnet man Laserlicht, welches ein extrem verbreitertes optisches Spektrum besitzt. Der erst seit Kurzem bekannte Effekt hat bereits vielfältige
 Anwendungen u.a. in der Telekommunikation oder der medizinischen Bildverarbeitung gefunden
 und wird weiter intensiv untersucht. Das Phänomen lässt sich nun auch in Wellentank-Experimenten finden und analysieren. "Ausgehend von einem
 schmalbandigen Wellenpaket entsteht am Ende des Wellenkanals ein Kontinuum 
mit verschiedenen Wellenlängen und Wellenperioden. Die Ergebnisse stimmen hervorragend
 mit der Theorie überein und verdeutlichen die Äquivalenz zum nichtlinearen Verhalten des Laserlichts", erklärt Hoffmann. "Die Forschungsergebnisse zeigen ebenfalls, dass Ozeanmonsterwellen in Form von
 komplexen Paketen entstehen können. Diese neu gefundene Art von Wellengruppen könnte für die Schifffahrt und für Offshore-Strukturen wie Windenergie- oder Wellen- und Gezeitenenergieanlagen möglicherweise sogar gefährlicher sein als die bereits besser bekannten einzelnen Monsterwellen", so Hoffmann.

Weitere Untersuchungen zur Vorhersage gefährlicher Wellenereignisse hat die Forschergruppe bereits aufgenommen. Langfristige Ziele sind dabei die Einbeziehung von Extremwellenwarnungen in existierende Meereswellenprognosen, quasi den Wellen-Wetterbericht, und die Entwicklung von Kurzzeitwarnsystemen, die Kapitänen oder Betreibern von Offshore-Anlagen zumindest einige Wellenperioden Reaktionszeit vor der Begegnung mit den Monstern ermöglichen sollen.

Der Deutschlandfunk berichtet darüber in der Sendung Wissenschaft im Brennpunkt "Extrem gewagt - Forscher versuchen sich an der Prognose von Mega-Katastrophen" am Sonntag, 18.08.2013 um 16:30 Uhr

http://www.dradio.de/dlf/programmtipp/wib/2211336/

Für Rückfragen
:
Prof. Norbert Hoffmann
Professur Strukturdynamik, Dekanat Maschinenbau
Technische Universität Hamburg, D-21073 Hamburg
Tel. +49 (0) 40 42878 3120
Email:
norbert.hoffmann@tuhh.de


TUHH - Pressestelle
Martina Brinkmann
E-Mail: pressestelle@tuhh.de